Letzten November haben die Stimmberechtigten die Pflegeinitiative angenommen. Diese fordert unter anderem, dass Bund und Kantone dafür sorgen, dass genügend Fachpersonal an der Arbeit ist. Und die Arbeitsbedingungen für die Pflegefachkräfte sollen besser werden.
Der Bundesrat hat den raschen Handlungsbedarf in der Pflege erkannt. Er muss die Initiative nun umsetzen. Das ist Sache der Politik.
Siloah-Gruppe geht mit gutem Beispiel voran
Kliniken in der ganzen Schweiz jedoch haben bereits gehandelt, wie das Beispiel der Siloah-Gruppe zeigt. Martin Gafner ist Präsident des Stiftungsrats der Siloah-Gruppe. Dazu gehören unter anderem ein Langzeitpflegezentrum in Gümligen bei Bern und ein weiteres Langzeitpflegezentrum in der Nähe von Bern.
Gafner hat ein anderes Verständnis von Dringlichkeit als die Politik; ihm geht es um Verbesserungen der Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals. Er will ein Zeichen setzen.
Die Veränderung für die 400 Pflegefachleute, welche an den Spitalbetten stehen oder in der Alters- und neurologischen Langzeitpflege arbeiten, sieht so aus: Die Siloah-Gruppe senkt die Arbeitszeit ihre Pflegefachkräfte schrittweise, von 42 Stunden auf 38 Stunden pro Woche für eine Vollzeitstelle. Der Lohn bleibt unverändert. Die Angestellten wünschten sich nicht mehr Geld, sondern mehr freie Zeit, sagt Gafner.
Woher soll das Personal kommen?
Sinkt die Wochenarbeitszeit, braucht Siloah jedoch zusätzliches Personal. Sonst könne die Betreuung rund um die Uhr nicht gewährleistet werden. Doch es herrscht Fachkräftemangel. Die Siloah-Gruppe hofft, dass die Angestellten ihre Pensen aufstocken werden.
Damit müsste man weniger neues Personal und vor allem weniger teure Temporärkräfte einstellen. Gafner sagt: «In der Pflege arbeiten sehr viele Angestellte Teilzeit. Man muss mit diesen bestehenden Kräften schauen, ob sie gewillt sind, ihr Engagement zu erhöhen.» Doch es bleibt ein Wagnis, falls man die Fachkräfte nicht findet oder die Angestellten ihre Pensen nicht erhöhen wollen.
Die Senkung der Arbeitszeit sei eine rasch umzusetzende Massnahme, sagt der Stiftungsratspräsident. Mit diesem Modell sei die Siloah-Gruppe wohl die erste in der Branche. Langfristig investiere man in die Ausbildung. Denn: «Wir müssen etwas tun.» Von Schritten anderer dürfe man nicht ausgehen. Auf die Politik wartet Gafner jedenfalls nicht.