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Umstrittene Waffenrichtlinie Touristiker befürchten grosse Einbussen

Fällt die Schweiz nach einem Nein aus dem Schengenraum, wären auch Visa nicht mehr gültig. Das Argument ist umstritten.

Der oberste Schweizer Hotelier, Andreas Züllig, führt ein Viersterne-Haus auf der Bündner Lenzerheide. Der Präsident von Hotelleriesuisse macht sich wegen der Abstimmung über die Waffenrichtlinie nicht um seine Stammgäste aus Deutschland oder Italien Sorgen. Er denkt vielmehr an Touristinnen und Touristen aus Indien, Japan oder China.

Asiaten könnten die Schweiz auslassen

Diese planten meist eine sieben- oder zehntägige Europareise, auf der sie beispielsweise München, Paris und Mailand besuchten. Heute reisten viele von ihnen auf ihrem Weg quer durch Europa auch durch die Schweiz und besuchten hier etwa Luzern oder das Jungfrau-Massiv. «Dies wäre künftig erschwert», sagt Züllig.

Ihr Schengen-Visum wäre für die Schweiz nicht gültig, sollte die Schweiz wegen eines Volksneins zur Waffenrichtlinie am 19. Mai aus dem Schengenraum fallen. Die asiatischen Touristen müssten für einen Besuch der Schweiz eigens auf einer Schweizer Vertretung in ihrem Heimatland ein zusätzliches Papier besorgen. Deshalb würden viele die Schweiz wohl nicht mehr besuchen.

Bund geht von grossen Einbussen aus

Laut einer Studie des Bundes könnte das die Tourismusbranche teuer zu stehen kommen. Sie geht von direkten Umsatzeinbussen von einer halben Milliarde Franken aus. Wenn man auch jene Betriebe einrechnet, die indirekt vom Tourismus leben, kommt die Studie auf doppelt so hohe Verluste.

Die Aargauer SVP-Nationalrätin Sylvia Flückiger ist – wie viele andere engagierte Gegner der Waffenrichtlinie ebenfalls – passionierte Schützin. Sie sagt, auch ihr liege der Tourismus am Herzen. Doch das Visa-Argument im Abstimmungskampf um die Waffenrichtlinie verfange nicht: «Die Schweiz kann Schengen-Visa jederzeit einseitig anerkennen.» Das würden auch andere Länder machen, etwa Monaco.

«Blinde» Anerkennung von Schengen Visa?

Beim Staatssekretariat für Migration heisst es dazu, es sei zwar möglich, die Schengen-Visa weiterhin anzuerkennen. Doch die Schweiz hätte dann keinen Zugriff mehr auf die Schengen-Datenbanken. Sie könnte die betreffenden Personen und ihre Visa nicht mehr überprüfen.

Man müsste deshalb Personen ins Land lassen, von denen man nicht wisse, woher sie kommen und ob ihr Visum nicht bereits abgelaufen sei, sagt Hotelleriesuisse-Präsident Züllig. «Das wäre nicht im Interesse der Schweiz.»

Schweiz als Sicherheitsleck in Europa

Für die Gegnerinnen und Gegner der Waffenrichtlinie ist das alles Angstmacherei. Die EU werde die Schweiz bestimmt nicht aus Schengen ausschliessen, wenn das Volk Nein sage, argumentieren sie. Die Schengen-Staaten hätten kein Interesse an einem weissen Fleck mitten im europäischen Sicherheitssystem.

Sie habe bisher noch kein einziges Argument dafür gehört, was es der EU nützen würde, wenn die Schweiz nicht mehr bei Schengen dabei wäre, sagt auch SVP-Nationalrätin Flückiger.

In der Tat würde die Schweiz bei einem Nein zur Waffenrichtlinie nicht aus dem Schengenraum fallen, wenn sie sich mit der EU innert drei Monaten auf eine andere Lösung einigt. Zu dieser Lösung müssten die EU-Staaten allerdings einstimmig Ja sagen.

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