Zum Inhalt springen

Umstrittenes Herbizid Schweizer Bauern versprühen weniger Glyphosat

Der mutmasslich krebserregende Unkrautvertilger ist rückläufig. Doch es gibt noch viel zu verbessern im Pflanzenschutz.

Von einer «durchzogenen Bilanz» spricht Marcel Liner von Pro Natura, wenn er auf die neueste Statistik des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) schaut. Erfreut ist er, dass der Verkauf von Unkrautbekämpfungsmitteln generell zurückgegangen ist.

Gesamtmenge mit 2200 Tonnen stabil

Box aufklappen Box zuklappen

Der Verkauf von Pflanzenschutzmitteln ist in der Schweiz zwischen 2008 und 2016 konstant bei rund 2200 Tonnen pro Jahr geblieben. Einen markanten Rückgang weist in den letzten Jahren das umstrittene Herbizid Glyphosat auf: Dessen vermarktete Menge ging 2016 auf 204 Tonnen zurück, verglichen mit 296 Tonnen im Jahr 2014. Glyphosat liegt damit an dritter Stelle auf der Liste der gefragtesten Wirkstoffe. Nummer eins ist weiterhin Schwefel mit einem Absatz von 406 Tonnen und steigender Tendenz, gefolgt von Parrafinöl. An vierter Stelle kommt der Wirkstoff Folpet, wie die Statistik des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) zeigt.

Den deutlichen Rückgang beim umstrittenen Herbizid Glyphosat um gut 90 Tonnen zwischen 2014 und 2016 schreibt Liner vor allem der Diskussion über die krebserregende Wirkung von Glyphosat zu, welche die WHO vor einigen Jahren angestossen hat. «Die Landwirte und Verbraucher gehen heute sensibilisierter mit diesem Herbizid um», stellt er fest.

Mehr mechanische Unkrautbekämpfung

Die Zahlen beim Glyphosat sieht auch Olivier Félix positiv, Leiter Nachhaltiger Pflanzenschutz im BLW. Einen weiteren Grund für den Rückgang sieht er in der vermehrten mechanischen Unkrautbekämpfung. Statt Gift zu spritzen, wird das Unkraut auf den Äckern und Feldern mit modernen Hackgeräten bekämpft.

Pflanzenschutzmittel sind allerdings in der Schweizer Landwirtschaft nach wie vor sehr präsent. An der Gesamtmenge hat sich zwischen 2008 und 2016 nichts verändert hat. Jährlich werden 2200 Tonnen Pflanzenschutzmittel verkauft.

Mehr Insektizide wegen neuer Bedrohungen

Gerade bei den Insektiziden gab es in den letzten Jahren sogar einen Anstieg. Das hänge mit neu aufgetretenen Schädlingen zusammen, erklärt Félix. Das gelte insbesondere für die Kirschessigfliege Drosophila suzukii im Obst- und Weinbau. Immerhin hätten die Bauern in letzter Zeit aber vermehrt das biologische Insektizid Kaolin eingesetzt.

Glyphosat.
Legende: Beim Unkrautvertilger Glyphosat sind die Landwirte zurückhaltender geworden. Aber es braucht mehr. Keystone/Archiv

Für Liner reicht das nicht. Die Bauern müssten generell weniger auf ihren Feldern spritzen, fordert der Verantwortliche für Landwirtschaftspolitik bei Pro Natura. Zwar anerkennt er, dass der Schutz gewisser Kulturen schwieriger sei, insbesondere im Obstbau. Mit gemeinsamen Anstrengungen und den Programmen des Bundes könnten die Mengen aber noch stark vermindert werden. Dazu brauche es aber politischen Druck wie etwa durch die kürzlich eingereichten Gewässerschutz-Initiativen.

Nationaler Aktionsplan – zu langsam?

Félix verweist darauf, dass der Bund mit dem nationalen Aktionsplan Pflanzenschutzmittel bereits selber tätig geworden sei. Beim Ziel einer Landwirtschaft mit weniger Pestiziden sind sich Bund und Naturschützer einig. Umstritten ist die Frage, wie schnell und wie energisch eine solche Neuorientierung einsetzt.

Meistgelesene Artikel