Überrissene Preise, erzwungene Barzahlung und stümperhafter Service. Das ist das Fazit vieler frustrierter Kunden, die auf einer der Webseiten der Firma Realäx einen Notfallhandwerker bestellt haben. Sei es für Sanitärdienstleistungen, Kanalreinigung oder Schlüsseldienst.
Eine Stunde kostet über 2000 Franken
Einer Hörerin aus Winterthur verstopft am Abend das WC. Sie sucht im Internet nach einem Notfall-Sanitär und stösst auf die Firma Realäx. Kurz darauf stehen zwei junge Männer in ihrer Wohnung, mit einem Vertrag, den sie vorab unterschreiben muss. Mindestens 600 Franken müsse sie für den Einsatz rechnen, heisst es. Eine Stunde später der Schock: Es kostet 2320 Franken. Zahlbar sofort.
Dasselbe passiert einer Hörerin aus dem Kanton Zürich. Bei ihr ist der Keller überflutet. Weil ihr lokaler Handwerker in den Ferien ist, findet sie auf der Seite Kanalreinigung-24.ch Hilfe, hinter der ebenfalls Realäx steht. Kostenpunkt für eine Stunde Arbeit: 1000 Franken. Doch der Job ist schlampig erledigt und ihr lokaler Handwerker muss nochmals kommen. Dort kostet die praktisch gleiche Arbeit 250 Franken, vier Mal weniger.
Alte Masche, neuer Name
Bereits im Herbst 2019 berichtete der «Kassensturz» über die Abzocke von Realäx als Schädlingsbekämpfer. Damals gelobte der Geschäftsführer Besserung. Doch die Firma zieht weiterhin fröhlich Kunden über den Tisch. Und hat kürzlich den Namen gewechselt.
Leider zu spät bemerkte dies ein Hörer aus dem Kanton Aargau. Bei seinem 75-jährigen Vater verstopft an einem Samstag ein Abfluss. Er findet Hilfe auf kanalservice-24.ch und erlebt mit der Firma Handwerkerdienstleistungen Helvetia GmbH aus Salenstein das Gleiche, wie viele vor ihm. Besonders dreist: Weil er kein Bargeld im Haus hat, wollen ihn die Handwerker höchstpersönlich zum Bancomat begleiten.
Zum Glück beharrt der 75-Jährige auf einer Rechnung, während sein Sohn im Internet recherchiert. Unter Helvetia GmbH findet er nichts Verdächtiges. Doch auf dem Einzahlungsschein findet er den alten Namen, Realäx, und stösst so auf den Bericht des «Kassensturz».
Er zerreisst die unverschämte Rechnung, schaltet via Rechtsschutz einen Anwalt ein – und hört nichts mehr. Er meint: «Es ist unglaublich, dass eine Firma einfach so den Namen ändert und einfach so weitermacht.»
Helvetia GmbH reagiert nicht auf Anfragen
Der Geschäftsführer Osman Bakkal, wohnhaft in Deutschland, ist einschlägig bekannt. Er wurde vom Amtsgericht Köln vor fünf Jahren wegen Wucher verurteilt. Auch bei der Schweizer Polizei sind diverse Anzeigen gegen die Firma eingegangen. Die Staatsanwaltschaft der Stadt Zürich ermittelt in dieser Sache. Was genau, kann sie aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen.
Vor einem Jahr versprach Osman Bakkal gegenüber «Kassensturz», es werde alles besser. Mittlerweile reagieren weder er noch jemand anderes seiner GmbH auf Anfragen des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso».