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Unterkünfte in den Alpen Betrieb von SAC-Hütten: eine finanzielle Gratwanderung

Viel Herzblut fliesst in den Hüttenbetrieb. Doch das Geschäft ist nicht ergiebig. Deshalb werden die Preise überdacht.

Bis zu 16 Stunden am Tag ist Adrienne Thommen auf der Windegghütte im Berner Oberland auf den Beinen. Sie betreut ihre Gäste, kocht, putzt und hält die Hütte in Schuss. Es ist ein Knochenjob. «Manchmal macht es mir Mühe, das alles alleine zu tragen. Du musst an so vieles denken», sagt sie.

Drohnenaufnahme von einer Berghütte. Auf der Terrasse sitzen Menschen.
Legende: Die Windegghütte bietet 36 Schlafplätze. SRF

Als Hüttenwartin trägt sie das unternehmerische Risiko auf der Hütte. Der SAC-Sektion Bern als Eigentümerin bezahlt Thommen eine Pacht. Sie rechnet die Kosten für den Betrieb der Hütte vor: Von 100 Franken gehen rund 28 als Zins an die Sektion. 31 resp. 26 Franken wendet sie für das Personal und die Waren, also Lebensmittel oder Getränke, auf. 15 Franken fliessen etwa in Gas, Holz oder die Versicherung der Angestellten.

Thommen selbst zahlt sich keinen Lohn aus. Sie behält, was nach den Kosten bleibt. Wie viel das ist, weiss sie erst nach der Saison. Inzwischen könne sie gut davon leben, sagt sie. «Aber die ersten zwei, drei Jahre bin ich knapp durchgekommen.»

Diskussionen über höhere Preise

Die finanzielle Situation der Hütten und die Kosten für eine Übernachtung geben zu reden, insbesondere in Zeiten steigender Preise. Der «Tages-Anzeiger» hatte im August berichtet, dass nur rund ein Dutzend aller 153 SAC-Hütten rentabel seien. In der Kommentarspalte diskutierten daraufhin mehr als hundert Personen über die Preise in den Unterkünften. Manche fanden sie zu günstig, andere wiederum zu teuer.

Mit dem Thema befasste sich auch der Zentralverband des Schweizer Alpen-Clubs SAC. Der Fachleiter Hüttenbetrieb, Bruno Lüthi, sagt: «Insgesamt gesehen sind die Hüttenerlebnisse zu günstig, gerade in Anbetracht des Aufwands.» Um der Entwicklung Rechnung zu tragen, passte der SAC die Bandbreiten für die Übernachtungspreise in den Hütten nach oben an. Der maximal mögliche Preis für erwachsene Mitglieder beträgt so ab nächstem Jahr neu 40 statt wie bisher 35 Franken.

Innerhalb dieser Bandbreiten entscheiden die SAC-Sektionen aber autonom, wie viel sie für eine Übernachtung in ihren Hütten verlangen wollen. Die Preise für Essen und Getränke setzen die Hüttenwarte fest. Aus Sicht des Zentralverbands könnten die SAC-Hütten mehr verlangen. «Ein bisschen mehr Kreativität und Ideenreichtum bei der Preisgestaltung wäre schon angezeigt», sagt Lüthi.

Komfort einpreisen

Lüthi schlägt etwa vor, dass die Hütten an Wochenenden und während der Hochsaison mehr verlangen. Zudem sollten sie die Preise anpassen, wenn es nach einem Umbau mehr Komfort dank kleineren Schlafräumen oder moderneren Sanitäranlagen gibt. Um Familien nicht stärker zu belasten, könnten die Hütten ihnen dagegen mit Pauschalpreisen entgegenkommen.

Bei Thommen auf der Windegghütte sei eine Preiserhöhung immer wieder Thema gewesen. In diesem Jahr hat sie entschieden, Erwachsenen an Wochenenden zusätzlich fünf Franken fürs Essen zu berechnen. «Viel mehr rauf mit den Preisen können wir nicht», glaubt sie. Schliesslich bestimme die Sektion die Übernachtungspreise.

Blick ins Esszimmer einer SAC-Hütte. Mehrere Personen sitzen an Tischen und essen.
Legende: Znacht auf der Windegghütte: Am Wochenende zahlen Erwachsene fünf Franken zusätzlich fürs Essen. SRF

Genug Einnahmen sind wichtig für die Sektionen, denn sie müssen damit langfristig die Investitionen in die Hütten sichern, wie Lüthi vom Zentralverband erklärt. «Die Erneuerung der Hütten wird immer teurer.» So würden die gesetzlichen Vorgaben, etwa zu Brandschutz oder Abwasserbehandlung, immer strenger. Ausserdem kämen durch den Klimawandel mit drohendem Wassermangel und schmelzendem Permafrost weitere Herausforderungen auf die Hütten zu.

10 vor 10, 20.10.2023 , 21:50 Uhr

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