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Unternehmenssteuer «Arena»: Der Spagat bei der Unternehmenssteuer-Reform III

Multinationale Unternehmen mit Sitz in der Schweiz erhalten Steuerprivilegien. Das lockt viele Firmen an, wird aber kritisiert. Eine Anpassung der Unternehmensbesteuerung ist notwendig, verursacht aber Steuerausfälle, die gedeckt werden müssen. Die Diskussion über die Konsequenzen In der «Arena».

Das heutige Steuersystem gewährt internationalen Firmen mit Sitz in der Schweiz einen besonderen Steuerstatus. Auf ausländische Gewinne zahlt ein Unternehmen in der Schweiz tiefere Steuern als auf dem Gewinn im Inland. Das lockt viele Firmen an, wird aber von der EU oder der OECD seit langem kritisiert.

Einknicken vor dem Ausland?

Die Frage stellt sich darum in der «Arena», warum gibt die Schweiz diesem ausländischen Druck nach?

Der Schweiz drohten Sanktionen, sagt Thomas Matter. Und die Schweiz sei wirtschaftlich weltweit vernetzt und damit verletzlich.

Auch Pirmin Bischof betont die Bedeutung des internationalen Handels für die Schweiz als kleinerem Land. Er gibt aber zu bedenken, dass die Mehrheit der Arbeitsplätze hierzulande von KMU angeboten werden und nicht von Konzernen. Aber viele kleine Unternehmen hätten die Chance, den Grossunternehmen zuliefern zu können.

In der «Arena» diskutieren:

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Ruedi Noser argumentiert, die zentrale Forderung an die Schweiz sei, Inländer wie Ausländer gleich zu behandeln. Dahinter könne er aus liberaler Sicht stehen.

Dazu komme aber, dass Schweizer Firmen heute einen Nachteil hätten, weil für sie diese Steuerprivilegien nicht gelten, wendet Jacqueline Badran ein.

Trotzdem sei die Forderung nicht einfach eine Erpressung durch die OECD und die EU. «Für viele Konzerne ist es heute Teil des Geschäftsmodells, dass ein Teil der Gewinne durch ‹Steuervermeidung› erwirtschaftet wird und nicht aus eigener Leistung.»

Am Expertenpult ergänzt der Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann : Die Tendenz sei tatsächlich, dass Unternehmenssteuern weltweit sinken – ausser in den USA. «Darum haben die Amerikaner riesige Mühe, dass US-Unternehmen ihre Gewinne wieder aus dem Ausland nach Hause bringen.»

Tobias Straumann.
Legende: Am Expertentisch: Tobias Straumann, Wirtschaftshistoriker an der Universität Zürich. SRF

Wenn die Schweiz diese Steueranpassung nicht vornehme, riskiere das Land, dass ab 2018/19 die europäischen Länder schweizerischen Unternehmen verbieten, in ihre Länder zu exportieren, warnt Bischof.

Abwanderung internationaler Konzerne

Mit der Abschaffung der Steuerprivilegien besteht die Gefahr, dass multinationale Unternehmen abwandern. Die Auswirkungen tieferer Steuereinnahmen zu kennen, sei wichtig, betont Noser: Praktisch die Hälfte der direkten Bundessteuern stammten nämlich von genau diesen Unternehmen. Bei den Steuereinnahmen von Bund und Kantonen stünden fünf Milliarden Franken auf dem Spiel, konkretisiert Matter.

«Es geht aber auch um die Schweizer Konzerne wie Nestlé, ABB oder die Basler Chemie. Wenn 10‘000 Briefkastenfirmen verschwinden, könnte das egal sein. Bei der bisherigen steuerlichen Holding-Privilegierung geht es aber immer auch um inländische Konzerne», erklärt Straumann.

Bischof verdeutlicht, bei der Verschiebung eines Konzern-Hauptsitzes würde auch das gesamte Management wegziehen und damit rund 150‘000 gut bezahlte Arbeitsplätze. «Diese Leute bezahlen zusammen mehr Steuern als die eigentliche Unternehmenssteuer ausmacht», ergänzt Noser.

Unternehmenssteuerreform III

Damit die Schweiz für multinationale Firmen attraktiv bleibt, will der Bund ein Bündel neuer Steuererleichterungen (USR III) einführen:

  • Patentbox : Damit zahlen Firmen tiefe Steuern auf Erträge aus Patenten.
  • Für Forschungs- und Entwicklungsausgaben können höhere Steuerabzüge geltend gemacht werden.
  • Zusätzlich können die Kantone ihre Gewinnsteuersätze für Unternehmen verringern .

Das Problem der Kompensation der Steuerausfälle bleibt aber. Der Bundesrat habe Gegenmassnahmen vorgeschlagen, die fair, kostenneutral und international kompatibel seien, sagt Badran. Leider sei dieses ausgewogene Paket in der laufenden Parlamentsdebatte komplett demontiert worden. «Die Gegenfinanzierung der Steuerausfälle bei den Unternehmen würde über die Einkommenssteuern und den Mittelstand erfolgen, das ist inakzeptabel.»

USR III kostet Geld - wo muss gespart werden?

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Die Steuerreform kostet rund eine Milliarde Franken. Dieses Paket sei auf Bundesebene festgelegt worden, betont Noser. Dafür bekommen die Kantone mehr Geld aus der Bundessteuer und zusätzliche Rechte, um die Massnahmen mit den Gemeinden abfedern zu können.

Eine Lösung sieht Noser bei der Begrenzung des Kostenwachstums in der Schweiz. «Beim Staat wachsen die Ausgaben jedes Jahr. Wir haben zwar Minussteuerung, trotzdem haben wir eine jährliche Kostensteigerung von 3,5 Prozent. Die Ausfälle könnten kompensieren werden, wenn überall linear gespart wird.»

Und damit die Vorlage ein absehbares Referendum überstehen wird, müsse sie jetzt im Parlament «so massvoll gestaltet werden, dass sie für die Kantone und Gemeinden und für die Leute im Land erträglich ist», betont Bischof.

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