Anders als die Romandie: In der Westschweiz werden «Millionen Liter Wein vernichtet» – diese Schlagzeile der «NZZ» beschreibt ein Westschweizer Problem: Es gibt hier eine Überproduktion an Wein, nicht erst seit der Coronakrise, sondern schon länger. Amédée Mathier vom Vorstand des Walliser Branchenverbandes Rebe und Wein, bestätigte gegenüber SRF Ende August 2020: «Es gibt zu viel Blauburgunder und zu viel Pinot». Einige Winzer fürchten nun um ihre Existenz.
Nordwestschweiz produziert «genau richtig»: Die Überproduktion, wie sie die Westschweiz beklagt, treffe die Winzer in der Nordwestschweiz nicht, sagt Rebbaukommissär Urs Weingartner. Er ist für den Rebbau in den Kantonen Solothurn und der beiden Basel zuständig. Man habe in den letzten Jahren gut verkauft und habe in der Nordwestschweiz keine übervollen Weinkeller, die Ausgangslage sei hier deshalb besser als in der Romandie. Dasselbe bestätigt Urs Podzorski, der kantonale Fachspezialist Weinbau im Aargau. Wein vernichten, das sei im Aargau für den Jahrgang 2020 kein Thema. Die Ernte werde voll und ganz genutzt.
Direktverkauf statt Grossverteiler: Die Winzerinnen und Winzer im Aargau zum Beispiel haben einen Vorteil: Sie verkaufen ihren Wein oft direkt an ihre Kundschaft, nicht an Detailhändler. «Wir profitieren von der Nähe zum Kunden und von der Regionalität», sagt Urs Podzorski, Fachspezialist Weinbau beim Kanton Aargau.
Nach dem Schock des Lockdowns haben die Winzer rasch umgestellt.
Er mache sich keine Sorgen um die Aargauer Winzer, auch wenn der Weinmarkt angespannt sei. Die Rebbauern in der Region seien sehr flexibel. «Nach dem Schock des Lockdowns, als die grossen Feste wegbrachen, haben die Winzer rasch umgestellt. Sie haben Alternativen gesucht, zum Beispiel Hauslieferungen gemacht oder Online-Degustationen durchgeführt». Winzerinnen und Winzer im Aargau hätten es nicht leicht, aber ihre kreativen Lösungen könnten Absatzeinbussen auffangen, ist Podzorski überzeugt.
«Spannender Weinjahrgang 2020»: Der Weinjahrgang 2020 im Aargau, aber auch in den umliegenden Kantonen, sei dieses Jahr sehr gut, heisst es bei den zuständigen Ämtern der Kantone auf Anfrage. «Die kühlen Nächte und die warmen Septembertage, das war super für die Farbstoffe und die Aromastoffe. Es sieht qualitativ sehr gut aus, der Weinjahrgang 2020 wird spannend», sagt Urs Podzorski, Fachspezialist Weinbau im Kanton Aargau gegenüber SRF.
Menge und Qualität, beides kommt sehr gut dieses Jahr.
Für einmal keine Kirschessig-Fliege: Glücklich schätzen sich die Mittelländer Winzer auch deshalb, weil die Kirschessig-Fliege, der gefürchtete Schädling, für einmal nicht aktiv ist. «Es war der Fliege in diesem September zu heiss», sagt der Aargauer Weinbau-Fachspezialist Urs Podzorski. Es gab zwar Wespen diesen Sommer. Diese konnten die Winzer aber mit Wespenfallen und Netzen in Schach halten und grosse Schäden vermeiden.
Menge der Ernte stimmt: Im Aargau sind die weissen Trauben (Riesling Silvaner) praktisch alle gelesen. Nun folgen noch die blauen Pinot-Noir-Trauben. «Die Trauben sind gesund, die Blüte im Frühling war gut, die Winzer kamen um die kalte Zeit im Frühling herum. Zuckerwert, Säure, die phänologische Reife der Trauben: Es kommt sehr gut dieses Jahr», sagt der Aargauer Weinbauspezialist Urs Podzorski. Ähnlich sieht es sein Kollege, Rebbaukommissär Urs Weingartner, der für die Kantone SO, BL und BS zuständig ist. «Es ist ein guter Jahrgang, die Menge in der Region aber nicht riesig», heisst es hier auf Anfrage.