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Urteil im Fall Roldugin Wegen «Putin-Millionen»: Zürcher Gericht verurteilt vier Banker

  • Sie sind schuldig laut Erstinstanz: Vier Banker der Gazprombank in der Schweiz sollen ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben.
  • Dabei geht es um zwei Konten mit rund 50 Millionen Franken.
  • Die Konten wurden für den russischen Musiker Sergei Roldugin eröffnet. Doch das bezweifeln die Richter.
  • Das Bezirksgericht Zürich verhängt für alle vier Banker eine bedingte Geldstrafe mit zweijähriger Probezeit.

Es geht um viel Geld – sehr viel Geld: Rund 50 Millionen Franken hat der russische Cellist und Freund Putins Sergei Roldugin bei der Gazprombank in der Schweiz gelagert.

Brisant dabei: Roldugin ist nicht irgendein Freund Putins, sondern laut Berichten gar der Patenonkel von Putins Tochter.

Die Filiale der Gazprombank in Zürich.
Legende: Die Filiale der Gazprombank in Zürich: Auf zwei Konten sollen hier russische Vermögenswerte von 50 Millionen Franken gelagert haben. Keystone / Ennio Leanza

Genau dies weckte bei den Zürcher Ermittlern Verdacht: ein Cellist und Dirigent mit einem solch hohen Vermögen, dazu noch ein Intimus Putins.

Ausserdem handelte es sich um reine Durchlaufkonten, da Dividenden in Millionenhöhe jeweils wenige Tage nach Eingang nach Russland überwiesen wurden, so die Staatsanwaltschaft.

Blick auf eine Gazprom-Raffinerie in Russland.
Legende: Die Gazprombank wurde 1990 gegründet – als Tochtergesellschaft des gleichnamigen russischen Energiekonzerns Gazprom. Keystone / EPA / Maxim Shipenkov

Aktiv waren die Konten zwischen 2014 und 2016. Eröffnet wurden sie bei der Gazprombank in der Schweiz, also im Jahr der Krim-Krise – aufgelöst rund zwei Jahre später. Dies, nachdem die Bank Roldugin dazu aufgefordert hatte, den finanziellen Hintergrund auszuweisen. Dieser Aufforderung folgte Roldugin aber offenbar nicht.

Verletzung der Sorgfaltspflicht

In den Augen des Bezirksgerichts Zürich stellt dies eine Verletzung der Sorgfaltspflicht dar, da die Bank die Geschäftsbeziehung mit dem Musiker zu spät beendet habe. Zudem hätten die Bankmitarbeiter weitere Abklärungen treffen müssen, sobald Ungereimtheiten auftauchten.

Zeitungs-Interview liess Staatsanwaltschaft aufhorchen

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Gegenüber der renommierten «New York Times» sagte Sergei Roldugin in einem früheren Gespräch, dass er kein Geschäftsmann sei und keine Millionen besitze.

Dies zeigt laut Staatsanwaltschaft auf, dass das Vermögen auf den Konten der Gazprombank Schweiz nicht Roldugin gehören könne.

Dass Sergei Roldugin nicht der wirtschaftlich Berechtigte der Konten war, steht für die Richter mithin ausser Frage. Wer indes der korrekte Berechtigte ist, sei nicht feststellbar. Den vier Beschuldigten – darunter der CEO der Bank, zwei weitere Geschäftsleitungsmitglieder sowie ein Kundenberater – wurden bedingte Geldstrafen mit einer Probezeit von zwei Jahren auferlegt.

Die Strafen der Banker, deren Gazprombank Schweiz mittlerweile in Auflösung ist, wurden vom Gericht unterschiedlich hoch festgelegt: Der CEO der Bank wurde zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 3'000 Franken verurteilt. Die beiden Geschäftsleitungsmitglieder zu 180 Tagessätzen à 350 Franken beziehungsweise 500 Franken. Der Kundenberater erhielt 120 Tagessätze à 400 Franken.

Wenn sie sich in den nächsten zwei Jahren also nichts zuschulden kommen lassen, müssen sie diese Strafe auch nicht zahlen. Der Richter sah von einer möglichen Freiheitsstrafe ab, weil die vier Beschuldigten alle keine Vorstrafen hatten.

Die Verteidiger wollen das Urteil weiterziehen

Nichtsdestotrotz: Die Verteidiger der angeklagten Banker haben gleich im Anschluss an die Urteilseröffnung angekündigt, das Urteil weiterzuziehen.

Bereits zu Beginn der Verhandlung Anfang Monat plädierten sie auf unschuldig: Es sei plausibel, dass Roldugin als sehr berühmter Musiker über dieses Geld verfüge. So hätten die Banker die Konten zu Recht nicht angezweifelt. Ausserdem müsse die Staatsanwaltschaft aufzeigen, wem das Vermögen gehöre.

Die Staatsanwaltschaft ihrerseits erklärte gegenüber den am Donnerstag anwesenden Medien, dass sie die Schuldsprüche begrüsse. Das Urteil sei ein wichtiges Signal zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten in Finanzgeschäften.

Wieso der Fall ins Rollen kam

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Dass die Staatsanwaltschaft überhaupt ermittelt hat, lag an einer Strafanzeige der Finma. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht wurde im April 2016 auf die Gazprombank aufmerksam.

Damals enthüllten Medien die «Panama Papers» und berichteten über illegale Geschäfte von sogenannten Briefkastenfirmen. Auch Sergei Roldugin und die Gazprombank wurden erwähnt.

2018 beendete die Finma ihre Ermittlungen. Das Resultat: Die Gazprombank habe «schwer gegen die Sorgfaltspflichten des Geldwäschereigesetzes» verstossen. Die Behörde gelangte daraufhin an die Zürcher Staatsanwaltschaft.

Tagesschau, 30.03.2023, 12:45 Uhr ; 

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