Die Beschwerde der Universität Zürich gegen das Urteil des Zürcher Verwaltungsgerichts war erfolgreich: Das Bundesgericht hat mit einer knappen Mehrheit entschieden, dass die Entlassung der Medizinhistorikerin Iris Ritzmann zwar missbräuchlich war, aber nicht nichtig. Das bedeutet: Die Professorin hat damit zwar Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung – die Universität Zürich muss sie aber nicht weiter beschäftigen.
Verwendung von Telefon- und Maildaten war unrechtmässig
Einig waren sich die Bundesrichter, dass die Beweise für die Entlassung Ritzmanns missbräuchlich beschafft worden waren. Die Universität hatte Telefon- und Maildaten ausgewertet, um zu beweisen, dass die Professorin den Medien Informationen zugespielt hatte – Informationen, welche die sogenannte «Affäre Mörgeli» ins Rollen brachten und zur Entlassung von Christoph Mörgeli als Leiter des Medizinihistorischen Museums führten. Diese Daten hätte die Universität nicht zur Begründung der Kündigung verwenden dürfen.
Wenn eine Entlassung auf Unrecht beruhe, dann sei diese auch nichtig, waren zwei der fünf Bundesrichter der Ansicht. Sie stützten damit das Urteil des Zürcher Verwaltungsgerichts, dass Ende 2019 zum selben Schluss gekommen war. Die anderen drei Richter argumentierten jedoch, dass das Verwaltungsgericht seine Kompetenzen überschritten habe. Das Zürcher Personalgesetz halte klar fest: Auch wenn eine Entlassung unrechtmässig sei, habe das Opfer nicht das Recht auf eine Wiederanstellung.
Verwaltungsgericht entscheidet über Entschädigung
Iris Ritzmann reagierte im Regionaljournal Zürich Schaffhausen enttäuscht auf den Entscheid: «Ich hätte gedacht, wenn es keinen Grund gibt für die Kündigung, dann hat diese auch keine Gültigkeit. Offenbar waren die Richter hier aber anderer Meinung.» Die Universität Zürich auf der anderen Seite zeigt sich erleichtert. Im wichtigsten Punkt – nämlich bei der Frage, ob die Kündigung nichtig und somit völlig unwirksam gewesen sei – seien die Richter auf die Beschwerde der Universität eingegangen.
Der Fall geht nun zurück an das Zürcher Verwaltungsgericht. Es muss über die Entschädigung und allenfalls über eine Abfindung für Iris Ritzmann befinden. «Ich hoffe auf eine grosse Entschädigung», sagt Ritzmann. «Aber auch bei der allergrössten Entschädigung wird nur einen Teil meiner Kosten gedeckt.»
Die Affäre Mörgeli: Chronologie der Ereignisse
Zeitpunkt
Entwicklung
September 2012
Ein Akademischer Bericht erscheint in den Medien. Er kritisiert grobe Fehler am Medizinhistorischen Institut und Museum der Universität Zürich. Betroffen sind Aufgabenbereiche von SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli.
September 2012
Die Universität Zürich beendet die Zusammenarbeit mit Christoph Mörgeli. Ihm wird mangelnde Leistung und Illoyalität vorgeworfen. Mörgelis Jurist kündigt an, diesen Entscheid anzufechten.
November 2012
Iris Ritzmann, zusammen mit Christoph Mörgeli am Medizinhistorischen Institut tätig, wird freigestellt. Gegen sie wird ein Strafverfahren wegen Amtsgeheimnisverletzung eröffnet. Sie soll Medien Informationen zugespielt haben, die zu Mörgelis Entlassung geführt haben.
März 2013
Gegen Christoph Mörgeli werden neue Vorwürfe laut. Er soll Doktorarbeiten, die er als Titularprofessor des Medizinhistorischen Museums betreut hat, nur mangelhaft betreut haben.
Oktober 2013
Die Entlassung von Medizinhistorikerin Iris Ritzmann wird definitiv. Die Universität Zürich begründet die Entlassung mit den Erkenntnissen aus der strafrechtlichen Untersuchung.
Juni 2014
Die Aufsichtskommission Bildung und Gesundheit des Kantonsrats veröffentlicht einen Bericht zu den Entlassungen von Christoph Mörgeli und Iris Ritzmann. Zu reden gibt darin vor allem die Rolle der Zürcher Bildungsdirektorin Regine Aeppli. Ihr wird vorgeworfen, Mörgelis Entlassung angeordnet zu haben. Aeppli streitet die Vorwürfe ab.
Dezember 2014
Das Bezirksgericht Zürich spricht Iris Ritzmann vom Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung aus Mangel an Beweisen frei. Die Staatsanwaltschaft kündigt an, das Urteil weiterzuziehen.
Februar 2015
Das Zürcher Kantonsparlament will die Immunität von Bildungsdirektorin Regine Aeppli nicht aufheben. Damit bleibt ihr eine Strafuntersuchung im Zusammenhang mit der Entlassung von Christoph Mörgeli erspart.
Dezember 2015
Nach dem Bezirksgericht Zürich wird Iris Ritzmann auch vom Zürcher Obergericht freigesprochen.
Dezember 2015
Vor dem Zürcher Verwaltungsgericht fährt Christoph Mörgeli einen Sieg ein. Das Gericht beurteilt seine Entlassung an der Universität Zürich als unrechtmässig. Mörgeli werden 17 Monatslöhne als Entschädigung und Abfindung zugesprochen.
November 2019
Nach den Vorwürfen wegen Amtsgeheimnisverletzung wehrt sich Iris Ritzmann auch gegen ihre Entlassung an der Universität Zürich. Das Zürcher Verwaltungsgericht urteilt zu ihren Gunsten. Die Entlassung sei unrechtmässig gewesen.
Januar 2020
Die Universität Zürich beschliesst, das Urteil des Verwaltungsgerichts ans Bundesgericht weiterzuziehen.
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