- Ein ehemaliger Reeder der Schweizer Hochseeflotte ist in Bern zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden.
- Das Wirtschaftsstrafgericht des Kantons Bern sprach ihn unter anderem des Betrugs und der ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig.
- Reeder H. G. muss auch eine sogenannte Ersatzforderung an den Kanton Bern in Höhe von 1.2 Millionen Franken leisten.
Gerichte beschliessen solche Ersatzforderungen, wenn illegal erworbene Vermögenswerte eines Verurteilten eingezogen werden sollten, diese aber nicht mehr vorhanden sind.
Zudem verfügte das Gericht, dass G. mehreren Privatklägern Entschädigungen in Millionenhöhe zahlen muss. Von mehreren Anklagepunkten sprach das Gericht G. frei respektive es stellte das Strafverfahren ein.
56 falsche Jahresrechnungen eingereicht
Schuldig gesprochen wurde G. ausser wegen Betrugs und mehrfacher qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung auch wegen Leistungsbetrugs. Das ist ein Straftatbestand im Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung (LVG). Auch mehrfache Urkundenfälschung hält das Gericht für gegeben sowie Erschleichung einer falschen Beurkundung.
Am schwersten wog für das Gericht laut den Worten der vorsitzenden Richterin der Umstand, dass G. innerhalb seines Firmengeflechts mehrere Schweizer Gesellschaften zugunsten von ausländischen Tochtergesellschaften schädigte. Dies, indem er Gelder hin und her verschob und sogenannte Intercompany-Darlehen gewährte, für welche die Bedingungen laut Anklageschrift nicht gegeben waren.
Der Deliktsbetrag für diese ungetreuen Geschäftsbesorgung betrage rund 30 Millionen Franken, sagte die Richterin, was sehr hoch sei. Sie stellte auch fest, G. habe dem Bund 56 falsche Jahresrechnungen der Schiffsbetreibergesellschaften eingereicht, was das Gericht als Urkundenfälschung taxierte.
Ein «recht hohes Mass an krimineller Energie» habe der Reeder gezeigt, als er 2012/13 beim Kauf eines Schiffs in China den späteren Schweizer Aufkäufer dieses Schiffes betrog. Das Gericht kam zum Schluss, G. habe mit den Chinesen einen offiziellen, höheren und einen inoffiziellen, tieferen Preis ausgehandelt.
Dem Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) habe der Schweizer Reeder bei seinem Gesuch um Bundesbürgschaft für dieses Schiff den höheren Preis angegeben und so eine um 2.7 Mio. Franken höhere Bürgschaft herausgeholt. Den Schweizer Käufer des Schiffs habe er um über 3 Millionen Franken betrogen.
Das Gericht hielt G. zugute, er habe nicht sich selbst bereichern wollen, aber «ohne Rücksicht auf Verluste» seine Firmengruppe erhalten wollen. In dieser Firmengruppe sei er «die alles bestimmende Person» gewesen.
Verfahren in vier Fällen eingestellt
Schon im Jahr 2003 gab G. nach Ansicht des Gerichts dem BWL im Fall von vier Schiffen, die in Japan gebaut wurden, falsche, sprich höhere Preise an. Diese Delikte sind aber verjährt, weshalb das Gericht das Verfahren in diesen Fällen einstellte.
Ein Berner Staatsanwalt hatte vergangene Woche eine Freiheitsstrafe von 7.5 Jahren für G. gefordert, dessen Verteidiger einen Freispruch von allen Vorwürfen.
Ob G. das Urteil weiterzieht, war nach der Urteilseröffnung nicht in Erfahrung zu bringen – G. und sein Anwalt verliessen das Berner Amthaus ohne Kommentar.