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Urteil zur Sterbehilfe Sterbebegleiterin Erika Preisig erneut von Tötung freigesprochen

  • Sterbebegleiterin Erika Preisig ist vom Baselbieter Kantonsgericht vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung freigesprochen worden. Es bestätigt somit das Urteil der ersten Instanz aus dem Jahr 2019.
  • Zudem hebt das Gericht das erstinstanzlich ausgesprochene vierjährige Tätigkeitsverbot bei Personen mit psychischen Erkrankungen auf.
  • Im Grundsatz aufrechterhalten wurde das Urteil wegen mehrfacher Widerhandlungen gegen das Heilmittelgesetz. Das Kantonsgericht verzichtet aber auf eine bedingte Freiheitsstrafe und verringert die verfügte Busse.
  • Der Fall gilt als wegweisend für die Sterbehilfe in der Schweiz.

Der Fall geht auf einen von Preisig begleiteten Freitod einer damals 66-jährigen psychisch kranken und suizidalen Frau zurück. Strafrechtlich strittiger Punkt dabei war, dass die Ärztin und Präsidentin der Sterbehilfeorganisation Eternal Spirit in Aktion trat, ohne dass sie ein unabhängiges psychiatrisches Gutachten zur Urteilsfähigkeit der Patientin eingeholt hatte.

Die Baselbieter Staatsanwaltschaft hatte unter anderem fünf Jahre Freiheitsstrafe wegen vorsätzlicher Tötung in mittelbarer Täterschaft gefordert. Das Baselbieter Strafgericht sprach Preisig im Juli 2019 in diesem Hauptanklagepunkt frei.

Verstoss gegen das Heilmittelgesetz

Das Strafgericht hatte sie aber wegen Verstössen gegen das Heilmittelgesetz zu 15 Monaten bedingtem Freiheitsentzug und 20'000 Franken Busse verurteilt. Sie habe das Sterbemittel bereitgestellt, ohne das dazu notwendige fachärztliche Gutachten eingeholt zu haben, so das Urteil der ersten Instanz.

Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Beschuldigte hatten gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Während die Staatsanwaltschaft am Anklagepunkt der vorsätzlichen Tötung festhielt, plädierte die Beschuldigte auf vollständigen Freispruch.

Strittiger Punkt der Urteilsfähigkeit

Preisig hatte vor dem Kantonsgericht erneut ihr Vorgehen verteidigt. Dabei ging es wiederum vor allem um den strittigen Punkt der Urteilsfähigkeit der Patientin. Diese war der in den Freitod begleiteten Frau in einem posthum erstellten gerichtlichen Fachgutachten abgesprochen worden.

Sie habe die Frau stets als urteilsfähig wahrgenommen, sagte Preisig. Sie betonte, dass die Patientin durchaus unter somatischen Beschwerden stark gelitten habe und nicht unter depressiven und psychosomatischen Beschwerden, wie ihr bei psychiatrischen Konsultationen beschieden worden sei. Die nicht behandelbaren somatischen Leiden seien letztlich Ursprung des Todeswunsches gewesen.

Letztes Wort hat wohl das Bundesgericht

Der Fall hat für die Sterbehilfe in der Schweiz einen wegweisenden Charakter. Es geht nicht zuletzt um die Klärung der gesetzlich nicht geregelten Frage, bei welchen Diagnosen ein psychiatrisches Fachgutachten notwendig ist. Es ist davon auszugehen, dass das Bundesgericht in diesem Fall das letzte Wort haben wird.

Regionaljournal Basel, 30.04.2021, 06.32 Uhr ; 

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