Mit dem Wohnmobil durch die amerikanischen Nationalparks tuckern – das hat sich auch in diesem Sommer so manch eine Schweizer Familie gegönnt. Hiesige Reisebüros konnten für die Sommerferien keine erheblichen Rückgänge bei US-Reisen erkennen.
Das habe auch damit zu tun, dass solch grosse Ferien oft schon Monate zuvor gebucht werden, sagt Globetrotter-CEO André Lüthi: «Familien planen ihre Camper-Reisen für die USA in der Regel früh und freuen sich dann darauf – da gab es auch diesen Sommer keine Stornierungen.» Anders sieht es bei den Neubuchungen aus. Seit geraumer Zeit sind diese rückläufig, mit Folgen für die kommenden Herbstferien.
Bis zu 20 Prozent geringere Nachfrage nach US-Reisen
10 Prozent weniger US-Reisen verkaufte etwa der Reiseveranstalter Kuoni für den Herbst, verglichen mit dem Vorjahr. Auch Hotelplan Suisse spricht von einer «Zurückhaltung bei den Neubuchungen für den Herbst», ohne Zahlen nennen zu wollen. Und bei Globetrotter sind es sogar 20 Prozent weniger Buchungen: «Die Leute sagen uns, sie würden die USA meiden, wegen der politischen Entwicklung», sagt CEO André Lüthi. Dennoch erstaune ihn der starke Rückgang, seien doch US-Reisen derzeit wegen des tiefen Dollarkurs finanziell attraktiv.
Manchmal versuche er den Leuten zu erklären, dass sie mit einem Boykott weniger die Politikerinnen und Politiker treffen, als vielmehr die einfachen Angestellten in Hotels oder Nationalparks. Aber am Schluss sei es die Entscheidung jeder und jedes Einzelnen: «Wir machen sicher niemandem eine US-Reise schmackhaft, der oder die es nicht will. Es gibt genug schöne alternative Destinationen».
Swiss gibt Gegensteuer
Die US-Reiseunlust spüren auch die Fluggesellschaften. Schon im Frühjahr hat etwa die Swiss begonnen, Ticketpreise für transatlantische Destinationen punktuell zu senken, um dem Trend der rückläufigen Buchungen entgegenzuwirken. Daran halte man - je nach Nachfrage - vorläufig fest, heisst es von der Medienstelle und ein Blick auf die Homepage von Swiss bestätigt: Die Fluggesellschaft wirbt gross mit besonders günstigen Flügen in die USA.
Das zeige Wirkung, schreibt Kuoni auf Anfrage: «Die deutlich gesunkenen Flugpreise haben inzwischen wieder zu Neubuchungen geführt.» Für die Weihnachtszeit sehen die US-Zahlen der Reiseveranstalter denn auch bereits wieder besser aus. Das beliebte Christmas-Shopping über See wollen sich viele nicht nehmen lassen, erklärt Globetrotter-CEO André Lüthi. «Dazu kommt, über Weihnachten besuchen viele aus der Schweiz ihre Verwandten in den USA für die Feierlichkeiten – die reisen sowieso, US-Präsident hin oder her.»
Keinen US-Boykott im Detailhandel
Im Gegensatz zu den Reisebüros merken die grossen Schweizer Detailhändler nichts von einer Unmut gegenüber den USA. «Wir erkennen keinen Boykott von Coca Cola oder kalifornischem Wein», schreibt Coop auf Anfrage. Auch Denner bestätigt, beliebte US-Marken seien nicht zu Ladenhütern geworden. Und Migros-Sprecher Tobias Ochsenbein erklärt: «Migros hat nur wenige US-Produkte, Nüsse oder Mandeln zum Beispiel, und die verkaufen sich genauso gut wie immer.»
Bei einer Umfrage des Onlinehändlers Galaxus haben im Mai über die Hälfte der befragten Schweizerinnen und Schweizer angegeben, sie wollten künftig US-Produkte in Läden boykottieren. Diese Absicht zeigt sich beim Griff in das Lebensmittel-Regal aktuell allerdings nicht.