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Uvek-Chef im Interview Albert Rösti: «Ich stehe zum Service Public»

Seit 117 Tagen ist Bundesrat Albert Rösti im Amt. In seinem ersten längeren TV-Interview bei «Gredig direkt» spricht der Uvek-Vorsteher unter anderem über die grössten Herausforderungen im Amt, das Energiedossier und seine Vision für die SRG und den Service Public.

Albert Rösti

Bundesrat

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Albert Rösti ist seit 2023 Bundesrat und Vorsteher des Eidgenössischen Departments für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek). Er wurde 1967 geboren, studierte Agronomie an der ETH Zürich, erlangte 1997 den Doktortitel und machte 2001 und 2002 einen Master of Business Administration (MBA) an der Universität Rochester in den USA. Rösti war seit 2011 Nationalrat für den Kanton Bern und von 2016 bis 2020 Parteipräsident der SVP Schweiz.

SRF News: Herr Bundesrat, was hat Sie am meisten überrascht in diesen 117 Tagen in der Regierung?

Albert Rösti: Sicher die Fülle der Themen. Das Uvek ist ein grosses Departement mit vielen Dossiers. Und als Vorsteher ist man im Detail zuständig für deren Umsetzung. Der Rhythmus und die Arbeitsbelastung sind hoch. Als Bergler, in Kandersteg aufgewachsen, kenne ich die Situation, musste mich ab und zu anstrengen, wenn’s bergauf ging. Und so ist es auch jetzt wieder. Beinahe jeder Tag gleicht einer Gratwanderung, gerade im Infrastrukturdepartement entscheidet man beispielsweise oft zwischen Schutz und Nutzen.

Als Bundesrat geraten Sie zwangsläufig in die Position, dass Sie Geschäfte vertreten müssen, welche gegen die Meinung der eigenen Partei laufen. So zum Beispiel gleich bei Ihrem ersten Abstimmungskampf rund um das Klimaschutzgesetz am 18. Juni. Sie waren als Nationalrat noch im Referendumskomitee, jetzt sprechen Sie sich im Namen der Regierung für die Vorlage aus. Die SVP twitterte prompt «Bundesrat Rösti ist nicht Nationalrat Rösti.» Wie gehen Sie damit um?

Das ist nun mal unser politisches System, der Bundesrat hat eine andere Rolle als das Parlament. Als Bundesrat vertrete ich die Entscheide kollegial. Schon in den Hearings vor meiner Wahl sagte ich im Vorfeld allen: Ich kämpfe für meine Ideen und für jene aus der Partei, wenn ich in den Bundesrat gehe. Aber am Ende vertrete ich, was die Behörde beschliesst. Und das ist auch gut so, sonst kann man ein Land nicht führen.

Ich schulde niemandem etwas.

Vor Ihrer Wahl wurden Sie kritisiert wegen Ihrer vielen Interessensbindungen. Wie schwierig ist es, sich von ehemaligen Kollegen aus Verbänden, in denen Sie früher engagiert waren, abzugrenzen?

Ich schulde niemandem etwas. Ich erhielt für meine früheren Funktionen entsprechende Abgeltung. Mit der Aufkündigung der Mandate am 31. Dezember war das erledigt. Man ist sich gegenseitig nichts schuldig. Alle diese Partner wissen, dass ich nicht allein entscheide, sondern der Gesamtbundesrat. Was aber nicht heisst, dass ich die eigene Überzeugung ablege. Ich war nie nur für Lohn tätig, sondern war von den Themen, die ich vertrat, überzeugt. Das werde ich nicht ändern, auch jetzt nicht.

Das Schlüsseldepartement Uvek ging von der SP zur SVP. Ist nun tatsächlich der grosse Paradigmenwechsel zu erwarten – wohin geht zum Beispiel Ihre Energiepolitik?

Für mich ist Versorgungssicherheit zentral. Es kann nicht sein, dass eines der reichsten Länder der Welt im nächsten Winter die Stromlieferung kontingentieren muss.  

Sie bezeichnen sich als «technologieoffen». Sie verschliessen sich also explizit nicht vor einer Rückkehr der Atomenergie?

Kurz- und mittelfristig haben wir die technischen Möglichkeiten, die wir haben. Es macht wenig Sinn, jetzt von anderen zu träumen und über Kernkraftwerke der 4. Generation oder auch neue Geothermie-Technologien zu sprechen. Wie gesagt: Ich setze meinen Schwerpunkt auf eine Lösung der derzeitigen Probleme, namentlich eine drohende Mangellage.

Ich war gerade als Parteipräsident der Überzeugung, man könnte bei der SRG die eine oder andere Rationalisierung machen.

Stichwort Medienpolitik: Sie sitzen immer noch im Komitee der «200 Franken sind genug»-Initiative, welche zum Ziel hat, die SRG-Gebühren zu begrenzen. Mit Verlaub: Das ist eine unglückliche Doppelrolle für den Medienminister.

So ist es nun mal. Solche Initiativen wollen immer auch einen Anstoss geben und werden selten wie geplant umgesetzt. Aber es stimmt schon: Ich war gerade als Parteipräsident der Überzeugung, man könnte bei der SRG die eine oder andere Rationalisierung machen.

Gestern wurde bekannt, dass der Bundesrat die SRG-Konzession, die Ende 2024 ausläuft, zwar grundsätzlich verlängern will. Aber Sie verlangen eine Auslegeordnung, um die Rolle der SRG neu zu beurteilen. Wie stehen Sie grundsätzlich zur SRG?

Ich stehe zum Service Public, diese Aufgabe hat die SRG. Auch die regionale Verankerung der SRG ist wichtig. Die Erneuerung der Konzession wäre jetzt angestanden. Ohne den Prozess in irgendeine Richtung beeinflussen zu wollen, fanden wir es unsinnig, die Inhalte von der Finanzierung zu trennen, ohne genau zu wissen, wohin es künftig politisch gehen wird. Aber die Verlängerung gibt auch Sicherheit. Sobald die «200 Franken sind genug»-Initiative eingereicht ist, gibt es ein Aussprachepapier. Gestützt darauf bestimmen wir, wie lange die Konzession verlängert wird. Ich möchte die Antwort des Bundesrates da völlig offen lassen. Ich denke aber, auch der SRG gibt dieses Vorgehen eine gewisse Stabilität.

Das Gespräch führte Urs Gredig.

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Talkmaster Urs Gredig empfängt dreimal pro Monat donnerstags um 22.25 Uhr auf SRF 1 eine bekannte Persönlichkeit. «Gredig direkt» porträtiert den Menschen hinter der bekannten Person.

Gredig Direkt, 27.04.23, 22:25 ; 

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