Rot ist rot. Dieser Grundsatz im Strassenverkehr wurde Anfang Jahr etwas aufgeweicht. Seit 1. Januar 2021 dürfen nämlich Velos, E-Trottinetts und Mofas unter Umständen trotz roter Ampel weiterfahren. Die jüngste Änderung des nationalen Strassenverkehrsgesetzes erlaubt Velos etc. das Rechtsabbiegen auch bei Rot.
Allerdings dürfte es noch etwas dauern, bis das neue Recht wirklich überall gilt. Denn die Umsetzung ist aufwändig und kompliziert, wie sich gemäss SRF-Recherchen am Beispiel der Kantone Aargau und Solothurn zeigt. Hier darf aktuell noch nirgends ein Velo bei Rot rechts abbiegen und das dürfte auch noch ein paar Monate so bleiben.
Kleines Schild, grosser Aufwand
Rund 400 Ampeln gibt es im Kanton Aargau, knapp 140 im Kanton Solothurn. Damit hier Velos auch bei Rot rechts abbiegen dürfen, reicht eine formale Gesetzesänderung nicht. Es braucht bei jeder Ampel ein zusätzliches Schild, eine kleine Tafel mit gelbem Velo und Pfeil nach rechts. Fehlt diese Markierung, müssen Velos weiterhin anhalten und auf Grün warten.
«Vor der Montage des neuen Signals muss allerdings jede Kreuzungssituation einzeln begutachtet werden», erklärt Kai Schnetzler, Leiter der Sektion Verkehrssicherheit im Aargau. Dabei gehe es primär um Sicherheitsaspekte und die Übersichtlichkeit der einzelnen Kreuzungsstränge. Beispielsweise müssen sich Velos, Fussgänger und Autos aus allen Richtungen gegenseitig gut sehen können. Diese Abklärungen und allfällige Umbauarbeiten benötigen Zeit.
Frühestens nach den Sommerferien
Während Städte wie Zürich oder Basel – auch dank Vorarbeiten im Rahmen von Pilotprojekten – die neue Regel rasch an vielen Ampeln umgesetzt haben, dauert es beispielsweise an Aargauer und Solothurner Kreuzungen noch etwas. «Unser Ziel ist es nach den Sommerferien die ersten einfachen Umsignalisierungen vorzunehmen», sagt Kai Schnetzler vom Kanton Aargau.
Auch im Kanton Solothurn wolle man zwar vorwärtsmachen mit der neuen Regel, könne aber keinen genauen Umsetzungsfahrplan angeben, sagt Sascha Attia, Leiter Langsamverkehr. «Wir schauen noch auf die Erfahrungen von anderen Städten und Kantonen und werden erste Tafeln voraussichtlich Ende Jahr oder Anfang nächsten Jahres montieren.»
Zum Teil auch bauliche Massnahmen nötig
Verzögerungen gebe es auch dadurch, dass an einige Kreuzungen Umbauarbeiten vorgenommen werden müssten, heisst es bei den Zuständigen aus den Kantonen Aargau und Solothurn. Je nachdem müsse zum Beispiel der Haltebalken für die Autos inklusive der Sensoren im Boden nach hinten verschoben werden, um die Übersichtlichkeit zu erhöhen.
Neben den Abklärung brauche die Planung und Umsetzung solcher Baumassnahmen weitere Zeit. Und natürlich gehe es dann auch um die Höhe und Verteilung der Umbaukosten, an denen sich zum Teil auch die Gemeinden beteiligen sollen.
Längst nicht überall möglich
Rot ist rot. Trotz einer leichten gesetzlichen Aufweichung seit Anfang Jahr gilt der Grundsatz also vorerst weiterhin auch für alle Velos. Und auch wenn dereinst alle Kreuzungen der Schweiz auf Verkehrsströme, Übersichtlichkeit und Sicherheit geprüft sind: Es werden kaum alle umgerüstet und mit neuen Signaltafeln versehen werden.
Laut den Zuständigen in den Kantonen Aargau und Solothurn wird es nämlich nicht wenige Kreuzungen geben, bei denen das Rechtsabbiegen für Velos nicht sicher umsetzbar ist und somit auch nie erlaubt werden kann.