Ali Dabaiba war in Libyen ein Schwergewicht. Über 20 Jahre waltete er an der Seite von Diktator Muammar Gaddafi und stand unter anderem der ODAC vor. Einer staatlich kontrollierten Firma, die eigentlich den Aufbau Libyens vorantreiben sollte – in Wahrheit versickerten dort Milliarden. Das zeigten Untersuchungen nach dem Sturz und der Ermordung Gaddafis im Jahr 2011. Mutmassliche Hauptprofiteure dieses korrupten Systems: Dabaiba und seine Familie.
Derselbe Dabaiba hatte insgesamt acht Geschäftsbeziehungen mit der Credit Suisse, über eine Zeitspanne von 1989 bis 2016. Konkret waren es fünf Konti, die auf Dabaiba selbst lauteten und drei weitere, bei denen er etwa zeichnungsberechtigt war. Das fördern Untersuchungen des Eidgenössischen Finanzdepartements EFD zu Tage. Auch zwei Söhne und sein Schwager Ahmed Lamlum waren involviert.
CS war sich besonderer Sorgfalt bewusst
Ali Dabaiba und seine Söhne galten bankintern als PEP, also als «politisch exponierte Person», die besonders sorgfältig abgeklärt werden müssen. Innerhalb der CS waren mehrere Teams für diese Abklärungen zuständig. Für eines davon arbeitete auch der nun verurteilte Mitarbeiter.
Genügend Verdachtsmomente gab es spätestens nach dem Zusammenbruch des Gaddafi-Regimes: Die EU – und in der Folge die Schweiz – sanktionierte die ODAC im August 2011. Der Vorwurf: Die ODAC, deren Chef Dabaiba über 20 Jahre lang war, soll Gelder des libyschen Entwicklungsprogramms für private Investitionen abgezweigt haben.
Auch Interpol suchte Dabaiba
Bald gab es laut EFD auch Hinweise, dass Dabaiba sowie Ahmed Lamlum in kriminelle Machenschaften involviert waren. Britische und US-Medien berichteten in den Folgejahren mehrfach über Untersuchungen gegen Ali Dabaiba in Libyen – wegen möglicher Veruntreuung und Amtsmissbrauchs. Demnach besass die Dabaiba-Familie mehr als 100 Unternehmen in zehn Ländern und soll während mehr als zwei Jahrzehnten Gelder ausser Land geschafft haben.
Dabaiba hat laut Medienberichten auch nach dem Sturz Gaddafis Gelder in Millionenhöhe unter anderem in den Londoner Immobilienmarkt investiert. 2014 schrieb Interpol Ali Dabaiba und seine Söhne zur Fahndung aus.
Schon 2012 hätte die CS reagieren müssen
Aus dem Strafbescheid des EFD, den SRF Investigativ eingesehen hat, geht hervor: Die Familie Dabaiba liess innerhalb der Bank schon 2012 aufhorchen. Ein Abklärungsteam empfahl, die Geschäftsbeziehungen zu beenden. Gewisse Konti wurden zwar saldiert, allerdings unterhielt die CS bis April 2016 Kundenbeziehungen zu Ali Dabaiba. Und erst 2018 gelangte die Credit Suisse an die Meldestelle für Geldwäscherei MROS.
Wie ist das möglich? Antworten darauf gibt es nur teilweise. Klar ist, dass es der nun verurteilte Mitarbeiter mehrfach unterliess, vertiefte Abklärungen vorzunehmen und auch Hinweise seiner Vorgesetzten in den Wind schlug. Er wird dafür mit einer Busse von CHF 2'000 belegt. Der Fall ist abgeschlossen, es laufen beim Finanzdepartement keine weiteren Verfahren.
Offen bleibt damit für die Öffentlichkeit, warum die Fehlleistung dieses einen Mitarbeiters bankintern keine sofortige Reaktion der Vorgesetzten zur Folge hatte, wer für frühere Fehlentscheide verantwortlich ist und inwiefern die Struktur der CS diese ermöglichte.