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Vergleich Deutschland-Schweiz Bei Gasmangel: Berlin setzt auf Markt – Bern auf Kontingente

Deutschland und die Schweiz bereiten sich anders auf eine mögliche Gasknappheit vor. Sparen lautet ein Motto bei beiden.

Weil Russland die Gaslieferungen gedrosselt hat, hat Deutschland letzte Woche die Alarmstufe 2 im Gasnotfallplan ausgerufen. Auch die Schweiz weiss seit Mittwoch, wie der Bundesrat Mangellagen möglichst verhindern will. Die beiden Nachbarländer gehen mit dem Problem recht unterschiedlich um.

Wenn Russland den Gashahn ganz zudrehen würde, beginnen in Deutschland Auktionen unter den Gasverbrauchern: Wer weniger Gas verbraucht als normal, kann seine Einsparung versteigern. Der Verbraucher, der pro Kilowattstunde Gas am wenigsten verlangt, erhält die entsprechende Entschädigung. Diese Versteigerungen sollen sicherstellen, dass dort Gas gespart wird, wo am einfachsten darauf verzichtet werden kann.

VSG: Schweizer Modell weniger effizient

In der Schweiz würde der Bund Kontingente festschreiben, also entscheiden, wer wie viel weniger Gas bekommt. «Auch bei der Kontingentierung ist die Möglichkeit vorgesehen, dass Verbraucher in vertraglicher Absprache diese Mengen untereinander zuteilen können», präzisiert Michael Schmid, Leiter Öffentlichkeitsarbeit beim Verband der Schweizer Gasversorger VSG.

Auch bei der Kontingentierung ist vorgesehen, dass Verbraucher diese Mengen untereinander zuteilen können.
Autor: Michael Schmid Verband Schweizer Gasversorger VSG

Der Bund würde also kontingentieren und die Betroffenen könnten dann untereinander aushandeln, wer wie viel zur Vorgabe beiträgt. Ganz so effizient wie das deutsche Modell wäre das schweizerische wohl nicht, räumt Schmid ein: «Aus Sicht der Gasversorgung wäre eine spezialgesetzlich geregelte Marktordnung wünschbar, um in einer Krise die Verantwortlichkeiten sehr klar zuweisen zu können.»

Reserven abrufen

Eigentlich laufen in der Schweiz Arbeiten an einem solchen Gasversorgungsgesetz. Diese sind aber ins Stocken geraten. Frühestens im kommenden Jahr könnten die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Auktionen mit Gaseinsparungen gegeben sein.

Zuerst würden die Zweistoff-Anlagen von Gas auf Öl umgestellt, denn Öl ist als Pflichtlager vorhanden.
Autor: Michael Schmid Verband Schweizer Gasversorger VSG

Unter anderem deshalb wollen Bund und Branche möglichst verhindern, dass es überhaupt so weit kommt. So sollen zuerst Gasreserven im Ausland abgerufen werden können: «Wenn diese nicht genügen, wären zunächst die Zweistoff-Anlagen dran, die von Gas auf Öl umgestellt werden können und wo das Öl als Pflichtlager vorhanden ist. Das würde eine markante Einsparung der Gasmengen ermöglichen.»

Zuerst sparen – Kontingentierung als letzter Schritt

Dazu kommen die Sparappelle an sämtliche Kundinnen und Kunden. Diese brächten laut Schmid eine grosse Wirkung, gerade bei sehr grossem Gasverbrauch wegen sehr tiefer Temperaturen. Wenn in der Schweiz die Heizungen um ein Grad heruntergedreht würden, könnten sechs Prozent des Gasverbrauchs eingespart werden.

Erst als letzter Schritt tritt dann laut Schmid die Kontingentierung in Kraft. Wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, dass diese Notfallpläne aktiviert werden müssen, ist derzeit schwer zu sagen. Dies auch deshalb, weil nicht nur die Versorgung mit Gas kritisch werden könnte, sondern gleichzeitig jene mit Strom.

Ein unmöglich vorhersehbarer, aber entscheidender Faktor wird der Winter selbst sein: Je kälter und länger dieser wird, desto schwieriger wohl die Lage. Hoffnung schöpfen die Verantwortlichen aus der Tatsache, dass die Gasspeicher insbesondere in Deutschland aktuell bereits deutlich besser gefüllt sind, als sonst um diese Jahreszeit.

Echo der Zeit, 30.06.2022, 18:00 Uhr

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