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Verhandlungen Schweiz-EU EU-Botschafter sieht wenig Spielraum für die Schweiz

Der EU-Botschafter erteilt Schweizer Wünschen für grössere Änderungen gegenüber den Vorgesprächen eine Absage. Vielleicht seien einzelne Verbesserungen möglich. Doch er lässt durchblicken: Beim Lohnschutz ist ein weiteres Entgegenkommen der EU kaum zu erwarten.

Zwölf Seiten lang und noch geheim: Das Dokument, das die Ergebnisse der sogenannten Sondierungsgespräche zwischen der EU und der Schweiz festhält. Aus Sicht der Gewerkschaften und der SP sind die Schweizer Diplomatinnen und Diplomaten der EU bei diesen Vorgesprächen zu weit entgegengekommen. Sie verlangen, dass der Bundesrat in offiziellen Verhandlungen angebliche Zugeständnisse rückgängig macht – konkret bei Massnahmen zum Schutz der Schweizer Löhne.

In der SRF-«Samstagsrundschau» äussert sich mit Petros Mavromichalis ein hoher Vertreter der EU zur Diskussion. Der EU-Botschafter in der Schweiz spricht Klartext: Der zwölfseitige Bericht sei der Rahmen. «Man muss innerhalb dieses Rahmens bleiben.» Es gebe jetzt ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der EU und der Schweiz. Die Schweiz könne deshalb nicht einfach überall dort Änderungen verlangen, wo ihr etwas nicht passe.

«Sonst haben wir unsere Zeit vergeudet»

Neue grundsätzliche Diskussionen seien nicht möglich, sagt Mavromichalis: «Sonst haben wir unsere Zeit vergeudet». Die Vorgespräche seien zwar nicht rechtlich verbindlich, «aber wir fühlen uns gebunden durch dieses Ergebnis».

Eine kleine Tür lässt der EU-Botschafter offen: Einzelne Punkte könnten in den Verhandlungen durchaus noch verbessert werden. Angesprochen auf die Nachbesserungswünsche der Gewerkschaften beim Lohnschutz, den sogenannten flankierenden Massnahmen, allerdings wird der EU-Botschafter kategorisch: «Am liebsten hätten wir diese überhaupt nicht. Sie sind aus unserer Sicht rechtswidrig – und wir wollen das ändern.»

Es gibt kein Lohndumping in der EU.
Autor: Petros Mavromichalis EU-Botschafter in der Schweiz

Konkret wollen die Gewerkschaften zum Beispiel Zugeständnisse der Schweiz bei Kautionen rückgängig machen, welche EU-Firmen heute bei Aufträgen in der Schweiz hinterlegen müssen. Und sie wollen ausbedingen, dass die Schweiz die Spesenregelung der EU nicht übernehmen muss. Diese sieht für Angestellte bei Arbeiten im Ausland nicht die Spesenansätze des Aufenthaltslandes, sondern diejenige des Herkunftslandes vor.

In beiden Punkten verteidigt der EU-Botschafter die Haltung von Brüssel: «Es gibt kein Lohndumping in der EU», sagt er. Die Spesenregelung sorge in der EU für keine Probleme. Und die Schweizer Kautionspflicht für EU-Firmen sei diskriminierend.

Kein klares Bekenntnis des Bundesrats

Der Bundesrat hat vor über zwei Wochen über die Vorgespräche beraten. Anders als die EU-Kommission hat er sich nicht uneingeschränkt zu deren Ergebnissen bekannt. Er sprach lediglich von Fortschritten. Recherchen von SRF zeigten, dass ursprünglich ein klareres Bekenntnis geplant war. Dagegen gab es Widerstand von SP- und SVP-Bundesräten. Laut Medienberichten machte der Bundesrat anschliessend in einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geltend, dass die Ergebnisse der Sondierungen für ihn keine roten Linien darstellten.

Im nächsten Frühling sollen die offiziellen Verhandlungen beginnen. In drei Wochen will der Bundesrat einen Entwurf für ein Verhandlungsmandat beschliessen. Geplant ist ein Paket mit neuen Abkommen in den Bereichen Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit. Für bestehende Abkommen wird die Rolle des EU-Gerichtshofes bei Streitigkeiten und die Übernahme von künftigem EU-Recht durch die Schweiz neu geregelt.

Samstagsrundschau, SRF 1 , 25.11.2023, 11:30 Uhr

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