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Verkaufen statt fortwerfen Wegen Ernteausfällen passt Detailhandel Ansprüche an Gemüse an

Im miesen Sommer ist Schweizer Gemüse schlecht gewachsen. Der Detailhandel passt deshalb seine Ansprüche leicht an.

Der frühe Frost, die Stürme und Hagelzüge sowie der viele Regen hat dem Schweizer Gemüse zugesetzt. Die Branche rechnet mit Ernteausfällen von einem Drittel und mehr. «Wöchentlich fehlten im Handel 20 bis 30 Produkte, weil die Ware zum Beispiel direkt auf dem Feld verfault ist», sagt Christian Sohm, Direktor des Verbands der Schweizer Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhändler Swisscofel.  

Dort merken es die Konsumentinnen und Konsumenten bereits – die Kartoffeln sind zum Teil sehr klein, weil sie nicht genug Zeit und Sonne hatten, zu wachsen
Autor: Christian Sohm Swisscofel

Aktuell zeigen sich die Folgen des schlechten Sommerwetters gerade bei den Kartoffeln. «Dort merken es die Konsumentinnen und Konsumenten bereits – die Kartoffeln sind zum Teil sehr klein, weil sie nicht genug Zeit und Sonne hatten, zu wachsen», sagt Christian Sohm.

Wäre es da nicht sinnvoller, die hohen Anforderungen des Detailhandels an Gemüse und Früchte zu senken, bevor man zur Ware aus dem Ausland greift, fragt das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso»?

Die Idee stösst beim Branchenverband Swisscofel auf offene Ohren. Bei den Schweizer Kartoffeln sei das bereits passiert, bestätigt Christian Sohm. Konkret dürfen Kartoffeln statt im Minimum drei Zentimeter nun auch nur zwei oder zweieinhalb Zentimeter dick sein, damit sie in die Läden kommen. «Das hat die Branche mit den Detailhändlern bereits vor rund einem Monat beschlossen,» sagt Sohm. Bei Lagergemüse wie Karotten und Zwiebeln warte man noch das Ende der Ernte ab, da sei aber mit ähnlichen Massnahmen zu rechnen.

Auch verhagelter Bio-Salat schaffte es ins Regal

Auch Bio-Suisse kennt zumindest ein Beispiel in dieser Saison, bei dem der Handel seine strengen Kriterien etwas aufweichte. Im Sommer waren quasi sämtliche Bio-Salatköpfe vom Hagel betroffen, da nahmen die Detailhändler den beschädigten Salat ins Sortiment – auch weil es sonst nichts anderes gab. Trotzdem reichen Massnahmen wie diese nicht aus.

Diese Massnahmen können die grossen Ausfälle allenfalls etwas abfedern. Man werde jedoch mehr Ware aus dem Ausland importieren müssen, heisst es aus der Branche.  

Wie Verschwendung reduzieren?

Unabhängig vom schlechten Wetter ist Ausschussware im Gemüse- und Früchtehandel ein bekanntes Problem: Von 100 geernteten Kartoffeln schaffen es schätzungsweise nur 35 auf den Teller. 65 werden aussortiert, obwohl man sie essen könnte. Grundsätzlich seien alle in der Pflicht, um diese Lebensmittelverschwendung zu stoppen: Die Konsumentinnen, die Bauern und der Detailhandel. Da sind sich die Experten einig.

Ich stelle es mir in der Praxis etwas schwierig vor, diese weniger perfekten Exemplare gerecht auf die Kilosäcke zu verteilen,
Autor: Christian Sohm Swisscofel

Gerade im Offenverkauf picken sich die Kundinnen und Kunden gerne die grössten und schönsten Früchte und Gemüse heraus, das ist menschlich. Doch was wäre mit der Idee, in jeden Kilosack mit Äpfeln, Karotten oder Kartoffeln auch zwei, drei weniger perfekte Stücke zu legen? Das würde wohl kaum jemanden stören.

Christian Sohm von Swisscofel begrüsst Ideen wie diese, denn das Thema Food Waste sei nicht zu vernachlässigen, «auch was die Auswirkung auf den Klimawandel angeht.» Man sei deshalb auch immer offen für Tipps und Ideen. Dennoch ist er skeptisch. Die Karotten und Kartoffeln würden maschinell abgepackt: «Ich stelle es mir in der Praxis etwas schwierig vor, diese weniger perfekten Exemplare gerecht auf die Kilosäcke zu verteilen,» meint Christian Sohm von Swisscofel.

Und was meinen Sie?

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Legende: SRF

Haben Sie eine Idee, wie die Verschwendung von noch essbarem Gemüse gestoppt werden kann? Wen sehen Sie am ehesten in der Pflicht? Schreiben Sie uns!

Espresso, 21.10.21, 08:13 Uhr

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