Eigentlich ist der Schulweg für Kinder ja eine tägliche Entdeckungsreise: Hier kriecht eine Schnecke, dort ist der Ast eines Baumes abgebrochen. Solche und viele weitere spannende Dinge lassen sich beobachten. Kinder, die häufig in Gruppen unterwegs sind, lachen und spielen auf dem Schulweg. Der Schulweg ist eine wichtige Erfahrung.
An gewissen Tagen ist es zeitlich einfach zu knapp.
Trotzdem gibt es für viele Eltern Gründe, die Kinder auch mal mit dem Auto bis zur Schule zu fahren. Eine Mutter in Bergdietikon sagt gegenüber SRF: «An gewissen Tagen ist es zeitlich einfach zu knapp, wenn meine Tochter zum Beispiel am Nachmittag auch noch Schule hat.»
Bergdietikon ist eine weitläufige Gemeinde. Kinder benötigen hier zu Fuss schnell einmal 20 Minuten für den Schulweg. Wenn sie über Mittag von der Schule nach Hause und dann wieder zurückgehen, bleibt von der Mittagspause nicht mehr viel übrig. Doch neben dem Zeitfaktor gibt es auch noch andere Gründe für die Elterntaxifahrten.
Ein grosses Thema ist sicher, dass die Eltern ihre Kinder sicher zur Schule bringen möchten.
Der Bergdietiker Gemeindeschreiber Patrick Geissmann sieht auch das Sicherheitsbedürfnis der Eltern als Grund für die vielen Taxifahrten zur Schule: «Ein grosses Thema ist sicher, dass die Eltern ihre Kinder sicher zur Schule bringen möchten; dass sie wissen, dass die Kinder in der Schule sind, bevor sie zur Arbeit fahren, weil sie anschliessend ja nicht mehr zu Hause sind.»
Prekäre Situationen gefährden Kinder
Unabhängig von den Gründen für die Elterntaxifahrten entsteht rund um die Primarschule in Bergdietikon ein grosser Hol- und Bringverkehr. Jeweils morgens um 8 Uhr und über die Mittagszeit sei es besonders prekär, sagt Gemeinderätin Françoise Oklé: «Die Strasse ist eng, es wird kreuz und quer parkiert und die Kinder werden vor allem beim Manövrieren gefährdet.»
Nachdem die Kritik von Eltern und Anwohnenden immer lauter geworden war, suchte die Gemeinde eine Lösung. Man wollte aber nicht auf Verbote setzen, sagt die zuständige Gemeinderätin, sondern eine «schlaue» Lösung finden.
Diese Lösung besteht nun aus einem speziellen Parkplatz in der Nähe der Schule: Dem «Kiss&Ride»-Platz, wo die Eltern die Kinder abladen und holen können. Speziell daran ist, dass der Platz nicht direkt vor der Schule ist. Die Kinder haben also nach wie vor einen etwa fünfminütigen Schulweg, obwohl sie von den Eltern gefahren werden. Da der Parkplatz für die neue Turnhalle ohnehin gebaut werden musste, gibt es für die neue «Kiss&Ride»-Zone keinen besonderen Zusatzaufwand.
Ganz neu sei die Idee mit den «Kiss&Ride»-Plätzen natürlich nicht, gibt Gemeinderätin Oklé zu. Man habe sich von den USA inspirieren lassen. Dort seien spezielle Parkbuchten vor Schulen seit Jahren Standard und auch in der Schweiz treffe man sie vereinzelt an.
Es spiele keine Rolle, was man von Elterntaxis und den entsprechenden Lösungen wie «Kiss&Ride» halte, denn das Problem werde sich nicht einfach von selbst erledigen, ist Oklé überzeugt: «Ich glaube, es ist einfach ein gesellschaftlicher Wandel, den man nicht aufhalten kann.» Die Gemeinde unternehme aber auch viel, um Kinder zu animieren, den Schulweg zu Fuss zu gehen. Und das werde man auch weiterhin tun – trotz des neuen «Kiss&Ride»-Platzes.