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Verkehrsunfall in Gempen (SO) Deutlich milderes Urteil – Autofahrer soll trotzdem ins Gefängnis

  • Im Juni 2019 stiess ein junger Autofahrer mit einem Sportwagen auf einer Bergstrasse mit einem Velofahrer zusammen. Dieser wurde schwer verletzt.
  • Das Solothurner Obergericht stuft den Unfall als schwere, fahrlässige Körperverletzung ein. Der Autofahrer kassiert eine Freiheitsstrafe von 36 Monaten, davon 12 Monate unbedingt.
  • Die erste Gerichtsinstanz hatte eine Gefängnisstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten unbedingt verhängt, wegen versuchter, vorsätzlicher Tötung.

Der damals 23-jährige Sportwagenfahrer hatte auf einer Bergstrecke zwischen Dornach und Gempen mehrere Fahrzeuge überholt. Der Sportwagen, ein McLaren, war für eine Probefahrt ausgeliehen, ein Wagen mit 570 PS. Der junge Fahrer war auf der Gempenstrasse mit übersetzter Geschwindigkeit unterwegs und überholte mehrere Fahrzeuge. In einer Kurve kollidierte er dann mit dem korrekt fahrenden Rennvelofahrer.

Sporwagen und Unfallvelo
Legende: Auf der Bergstrasse ist der Unfall passiert. Ein Velofahrer wurde schwer verletzt. zvg/Kantonspolizei Solothurn

Der Velofahrer wurde schwer verletzt. Er erlitt eine schwere Kopf-Verletzung und diverse Brüche und leidet bis heute unter den Folgen des Unfalls.

Bewusst Verletzte in Kauf genommen?

Auf der Bergstrasse gilt eine Geschwindigkeit von 80 Kilometern pro Stunde. Der junge Autofahrer war mit knapp 100 Kilometern pro Stunde unterwegs. Nach einem waghalsigen Überholmanöver verlor er in einer unübersichtlichen Kurve die Kontrolle über den Sportwagen. Er geriet auf die andere Spur, wo ihm der Velofahrer entgegenkam. Dort kam es zur verheerenden Kollision.

Die Solothurner Staatsanwaltschaft war der Meinung, die Frontalkollision sei versuchte vorsätzliche Tötung, weil der Autofahrer mit seiner waghalsigen Fahrweise die Verletzung oder gar Tötung Anderer in Kauf genommen habe. Die Überlebenswahrscheinlichkeit des Opfers sei gering gewesen, sagte die Staatsanwaltschaft auch vor Obergericht. Eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten, wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, sei angemessen.

Fahrlässig, nicht vorsätzlich

Der Autofahrer war mit dem erstinstanzlichen Urteil nicht einverstanden. Deshalb entschied er sich für den Weiterzug ans Obergericht. Sein Anwalt forderte vor Obergericht einen Schuldspruch wegen fahrlässiger, schwerer Körperverletzung. Der Unfall sei unbestritten, aber das Auto sei in der Kurve ausgebrochen, das habe zum Unfall geführt. Der Unfall habe nichts mit den vorhergehenden Überholmanövern zu tun.

Was ich dem Opfer und seiner Famlie angetan habe, ist unverzeihlich.
Autor: Junger Autofahrer vor dem Solothurner Obergericht

Das Obergericht folgte dem Antrag des Verteidigers. Es urteilt milder als das Amtsgericht. Statt versuchter, vorsätzlicher Tötung hat es den Autofahrer wegen schwerer, fahrlässiger Körperverletzung verurteilt. Er muss nicht knapp vier Jahre, sondern ein Jahr ins Gefängnis, sagt das Obergericht.

Es habe sich intensiv mit Bundesgerichtsurteilen im Zusammenhang mit vorsätzlicher Tötung im Strassenbereich befasst. Der Beschuldigte habe sich kein Rennen geliefert. Aber die Fahrweise sei leichtsinnig und gefährlich gewesen, nur nicht so gefährlich wie in anderen Fällen. Der Fahrer trage trotzdem eine schwere Schuld und müsse 12 Monate ins Gefängnis, während den restlichen 24 Monaten bedingt gilt eine Probezeit.

Autofahrer bereut Unfall

Der Autofahrer sagte vor Obergericht, es tue ihm leid, was passiert sei. Es sei ihm bewusst, dass er am Unfall schuld sei.

Raserurteil aus Deutschland

Box aufklappen Box zuklappen

Deutschland verurteilte 2017 erstmals zwei Raser wegen Mordes. Nach einem tödlichen Autorennen in Berlin, bei dem ein Unbeteiligter starb, wurde ein Autofahrer zu lebenslanger Haft wegen Mordes verurteilt. Der zweite Fahrer erhielt 13 Jahre Haft, wegen versuchten Mordes.

Das Urteil gab auch in der Schweiz zu reden. Raserdelikte würden seit einigen Jahren kontroverse Reaktionen auslösen, ob man das Recht verschärfen sollte oder nicht, sagte Rechtsprofessor Hans Giger damals gegenüber SRF .

Es war nicht der erste Unfall am Gempen an der Kantonsgrenze Solothurn–Basel-Landschaft. Nach dem heftigen Unfall organisierten Veloverbände dort eine Gedenkfahrt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Parteien können es noch ans Bundesgericht weiterziehen.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 30.01.2023, 17:30 Uhr ; 

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