Schweissnasse Hände. Nervöse Blicke. Angst vor dem Versagen. Prüfungen sind für die meisten keine schöne Erinnerung. In diesen Tagen erhalten Schülerinnen und Schüler in Zürich den Bescheid, wie sie bei einer entscheidenden Prüfung ihrer Schulkarriere abgeschlossen haben. Es geht um die Aufnahmeprüfung ans Zürcher Langzeitgymnasium gegen Ende der Primarschule.
Ein Vergleich von SRF News zeigt, dass allerdings nicht überall Notendruck herrscht und Prüfungen und Schulnoten auch in der Kritik stehen.
Kaum Aufnahmeprüfungen
Mit der Aufnahmeprüfung ins Langzeitgymnasium ist der Kanton Zürich nämlich ein Spezialfall. Wie ein Kantonsvergleich zeigt, gibt es nur wenige Kantone, die an der Schwelle von Primar- zur Sekundarschule Aufnahmeprüfungen kennen. Neben Zürich kennen dies etwa Glarus und Graubünden.
In einigen Kantonen können Schülerinnen Prüfungen ablegen, wenn sie oder die Eltern nicht mit dem Entscheid der Lehrperson zur empfohlenen Sekundarstufe einverstanden sind. Eine solche Möglichkeit gibt es etwa in den beiden Basel, Solothurn, Thurgau und Zug.
Die Karte lässt es erahnen: Das Bildungssystem in der Schweiz ist äusserst heterogen. Mit dem Lehrplan 21 wurden die Lerninhalte zwar harmonisiert. Wie die Oberstufe (7.-9. Klasse) organisiert ist, ist aber grundlegend verschieden.
Wallis, Tessin, Obwalden kennen keine Stufen
Zwei Beispiele: Im Kanton Solothurn gibt es drei Sekundarstufen. Die Schüler werden je nach schulischem Niveau in diese Stufen eingeteilt. Diese Klassen werden getrennt geführt.
Im Gegensatz dazu gibt es das integrierte Modell – etwa im Wallis. Dort besuchen alle Sekundarschüler und -schülerinnen die gleiche Klasse. Allerdings gibt es in einzelnen Fächern (z.B. Mathematik) verschiedene Niveaus. So kann eine brillante Schülerin mit Rechenschwäche trotzdem mit den stärkeren Mitschülern eine Fremdsprache lernen.
Dann gibt es eine Art Mischform dieser beiden Systeme – das kooperative Modell. Dieses gibt es etwa im Kanton Graubünden. In vielen Kantonen existieren mehrere Modelle, je nach Gemeinde oder Bezirk.
Die verschiedenen Oberstufensysteme sind für den Notendruck auf die Kinder entscheidend. Denn je nach System kommt der Bewertung im Laufe der 6. Schulklasse eine wichtigere oder weniger wichtigere Rolle zu.
Sandra Hafner, Bildungssoziologin an der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, spricht sich gegen die klare Trennung der Schüler aufgrund von Schulnoten aus. «Wenn wir weniger auf die Selektion fokussieren und mehr auf pädagogische Inhalte, dann bereiten wir die junge Generation besser auf die Zukunft vor», ist sie überzeugt.
Kinder und Jugendliche zerbrechen am System.
Der frühe Fokus auf den Notenschnitt gilt in der Bildungsforschung als problematisch. Auch, weil die Kinder oft darunter leiden. «Kinder und Jugendliche zerbrechen an diesem Leistungssystem», sagt Philipp Bucher, Leiter der Fachgruppe Beurteilung an der FHNW.
Die Bildungssysteme in den Kantonen werden allerdings nicht von Bildungsforscherinnen und -forschern gestaltet, sondern von der Politik. Und dort herrscht bei vielen die Meinung vor, dass Schulnoten schon seit langem zum System gehören, eine klare Aussagekraft haben und die Kinder auf die Leistungsgesellschaft vorbereiten würden.
So gehören schweissnasse Hände, nervöse Blicke und die Angst zu versagen wohl weiterhin an den meisten Orten zum Schulsystem.