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Verstoss gegen Corona-Regeln Luzernerin vor Gericht: Corona-Ignoranz oder «blöder Zufall»?

In Hochdorf stand eine Bar-Betreiberin vor dem Bezirksgericht. Sie soll gegen die Covid-19-Verordnung verstossen haben.

«Eine solch hohe Busse: Das tut weh!» Sarina Conti steht vor dem spontan zum Gerichtssaal umfunktionierten Braui-Zentrum in Hochdorf und erklärt, weshalb sie sich vor Gericht gerade gegen ebendiese Busse wehrt. Rund 1'500 Franken auferlegte ihr die Luzerner Staatsanwaltschaft im vergangenen April – 1000 Franken Busse plus Verfahrenskosten.

Getränk vor Ort konsumiert statt Take-away

Conti soll gegen die Covid-19-Verordnung verstossen haben. Die Gastronomin und Inhaberin der Fläckebar im Luzerner Rothenburg hat laut Strafbefehl der Staatsanwaltschaft am 6. April 2020 «zwei Gäste auf dem Aussenbereich der Fläckebar ihr in Plastikbecher abgefülltes Getränk konsumieren lassen». Obschon sie gewusst habe, dass dies laut den damals geltenden Corona-Regeln nicht erlaubt gewesen sei.

Sabrina Conti
Legende: «Wir taten alles, um die Massnahmen einzuhalten»: Sarina Conti wehrt sich gegen eine Busse aufgrund eines Verstosses gegen die Covid-19-Verordung. SRF / Lea Schüpbach

Die Kunden hätten ihr Getränk zwar zum Mitnehmen abholen können, doch vor Ort konsumieren war verboten. Die Polizei, die am Lokal vorbeigefahren ist, hat die Szene beobachtet, fotografiert und der Staatsanwaltschaft gemeldet. Conti flatterte später die besagte Busse ins Haus.

Ein «blöder Zufall»?

Sie hätte die Busse bezahlen können und das Ganze wäre erledigt gewesen. Doch die Gastronomin fühlte sich missverstanden und zog den Fall vors Bezirksgericht. Am Montagmorgen erklärte sie an der Verhandlung ihre Sicht der Dinge. Zum Zeitpunkt, als die Polizei an der Fläckebar vorbeigefahren sei, hätten zwar tatsächlich gerade zwei Personen vor der Bar ihre Getränke konsumiert, doch habe es sich dabei um einen «blöden Zufall» gehandelt.

«Wegen des neuen Covid-Gesetzes hatten wir auf Take-away umgestellt und ich bediente die Kunden durch das Fenster der Bar», sagt Conti. «Es kamen zwei Leute mit einem Bier-Becher in der Hand und begannen mit mir zu reden. Ich wies sie darauf hin, dass sie nicht stehen bleiben dürfen. Sie taten es trotzdem.» Das Bier habe nicht sie den beiden eingeschenkt.

Viele Bussen – wenige Gerichtsfälle

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Bis Mitte August wurden mindestens 20'000 Menschen wegen Verstosses gegen die kantonalen oder bundesweiten Covid-Verordnungen gebüsst. Das ergaben Recherchen des «Blick». Dazu wurden Meldungen aus 20 Kantonen zusammengetragen, bei sechs gab es keine Auskunft. Dabei wurden Bussen von insgesamt über zwei Millionen Franken verteilt.

Eine Meldung der «Aargauer Zeitung» zeigt, wer aus welchen Gründen gebüsst wurde: Es gab Coiffeure, die ihren Kunden die Haare schnitten, während dies verboten war, Prostituierte, die Freier bedienten, Gastronomen, die verbotenerweise Gäste bedienten oder Menschen, die sich an vorübergehend gesperrten Orten aufhielten – wie etwa einem Schulareal.

Die meisten Menschen bezahlten ihre Busse ohne Widerstand, Gerichtsfälle gab es noch sehr wenige. Zwei Beispiele: Eine junge Frau wurde vor dem Bezirksgericht Aarau freigesprochen, nachdem ihr vorgeworfen wurde, sie habe sich auf einem gesperrten Schulareal aufgehalten. Bei einem deutschen Mann hingegen, der unerlaubt die Grenze überquerte, wurde die Busse vor Gericht bestätigt.

Dann sei zusätzlich noch ein älterer Herr ans Fenster getreten und habe ein Getränk und einen Hot Dog bestellt. «Ich sagte auch ihm, er könne nicht vor der Bar auf den Hot Dog warten, sondern müsse sich entfernen.» Aber der Mann habe sie nicht verstanden. «In diesem Moment fuhr die Polizei vorbei.»

«Polizisten hätten nachsichtig sein können»

Sarina Conti beharrt darauf: Sie sei nicht bereit, wegen dieses «blöden Zufalls» eine solch hohe Busse zu bezahlen und dann auch noch einen Eintrag ins Strafregister zu erhalten. «Wir haben alles gemacht, um uns an die Massnahmen zu halten.»

Die Polizisten hätten Nachsicht walten lassen und sie verwarnen können. «Es ist sonst schon ein hartes Jahr und dann noch so eine Busse. Ich weiss nicht, wie ich das bezahlen soll.» Aktuell verdiene sie pro Monat nicht mal das Doppelte des vorgesehenen Strafgeldes. Conti hofft nun, dass die Strafe aufgehoben wird.

«Lupenreines» Vorstrafenregister

Die Staatsanwaltschaft war am Gericht nicht anwesend. Die Mitteilung, dass man am Strafbefehl festhalte, musste ausreichen. Deshalb war die Verhandlung denn auch bereits nach rund 20 Minuten vorbei. Der Richter hörte sich während dieser Zeit vor allem die Verteidigungsrede von Sarina Conti an.

Am Ende der Verhandlung meinte der Richter, er wolle sich sein Urteil gut überlegen. Dabei könnte Sarina Conti das «lupenreine» Vorstrafenregister helfen, wie es der Richter bezeichnete. Das Urteil erfolgt später in schriftlicher Form.

SRF 1, Regionaljournal Zentralschweiz, 26.10.2020, 17:30 Uhr

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