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Versuch im Wallis Licht und Schatten – Solarpanels über den Reben

Walliser Landwirte möchten Weintrauben mit Photovoltaik-Anlagen überdachen – und so gleich zwei Probleme lösen.

In der Schweiz ist es verboten, auf freien Flächen Bauwerke aufzustellen, zum Beispiel grosse Photovoltaik-Anlagen. Somit ist es auch tabu, auf landwirtschaftlichen Feldern Solarstrom zu produzieren. Eigentlich.

Aktuell endet die Vernehmlassung zum neuen Raumplanungsgesetz. Gut möglich, dass diese starre Regelung künftig im neuen Gesetz aufgeweicht wird. Nachfrage danach bestünde und es gab auch bereits erste Pilotversuche, die zeigen, wie solche Solardächer über Früchten funktionieren könnten.

Himbeer-Strom

In Conthey im Kanton Wallis startete letzten Herbst ein solcher Versuch. Himbeer-Sträucher wurden mit mobilen Panels überdacht. Kann man auf der gleichen Fläche Lebensmittel und Strom produzieren? – lautete die Frage. Und die Antwort ist: Ja, es geht.

Himbeeren, die mit Solarpanels überdacht sind.
Legende: Oben Solaranlagen, unten Himbeeren: Der Versuch in Conthey, Strom und Früchte auf der gleichen Fläche zu produzieren. ZVG/Agroscope

«Die ersten Erkenntnisse zeigen, dass das gut möglich ist. Es gibt keine dramatischen Qualitäts-Einbussen bei den Himbeeren», zeigt sich Christoph Carlen, der Leiter von Agroscope in Conthey, zufrieden. Es scheint also kein Problem, dass die Beeren wegen der Anlagen im Schatten stehen. Der Versuch geht noch dreieinhalb Jahre, doch bisher läuft es gut: «Was wir bisher gesehen haben, ist wirklich vielversprechend.»

Geht's auch mit Trauben?

Solange die Panels keinen negativen Einfluss auf die Ernte haben, könnte sich das Konzept auch bei anderen Lebensmitteln umsetzen lassen. Zum Beispiel bei Trauben. Dort macht sich die Walliser Landwirtschaft sogar Hoffnung, zwei Probleme gleichzeitig lösen zu können: Einerseits könnte man mit Solarpanels auf Reben sauberen Strom produzieren, andererseits die Reben vor zu starker Sonneneinstrahlung und vor Frost schützen.

Olivier Mounir baut in Salgesch im Talgrund Reben an. Er würde diese gerne überdachen und am liebsten sofort loslegen. Besonders eine Sorte, die pilzresistente Sorte Divico, würde davon profitieren, ist Mounir überzeugt: «Diese Trauben sind teilweise bereits im August reif. Mit der Solaranlage könnten wir die Ernte nach hinten schieben und eine bessere Qualität aus der Traube herausholen.» Er sehe nur Vorteile, keine Nachteile.

Trauben in Salgesch.
Legende: Über diesen Rebstöcken würde Mounir gerne mit Solarpanels Strom produzieren. SRF

Auch die Umweltschutzorganisationen zeigen sich offen gegenüber der Idee der Agri-Photovoltaik. Zumindest Raimund Rodewald von der Stiftung Landschaftsschutz: «Wichtig ist, dass wir den landschaftlichen Aspekt im Auge behalten und die richtigen Flächen aussuchen.» Das hiesse: Flächen, die bereits genutzt werden, in der Nähe von Industriegebieten und in der Ebene.

Wenn man die richtigen Flächen dafür aussucht, ist dieses Projekt durchaus interessant.
Autor: Raimund Rodewald Stiftung Landschaftsschutz

Nicht infrage komme, Reben an Hängen mit Photovoltaik-Anlagen zu überdachen. Gemäss dieser Argumentation würde die Rebparzelle von Winzer Olivier Mounir bestens passen.

Grosses Potenzial

Swisssolar, der Fachverband für Sonnenenergie, ist überzeugt, dass mit diesem System viel erreicht werden könnte. Geschäftsleiter David Stickelberger rechnet vor: «Nehmen wir an, dass wir fünf Prozent der Obst- und Beeren-Kulturen der Schweiz mit solchen Anlagen bestücken würden. Auf dieser Fläche könnte man fünf Prozent des Schweizer Strombedarfs abdecken.» Doch dafür müsste das Raumplanungsgesetz zuerst entsprechend angepasst werden.

Der Kanton Wallis zeigt sich offen für einen Versuch mit Agri-Photovoltaik in den Reben. Und auch auf nationaler Ebene geht es vorwärts: Die für das revidierte Raumplanungsgesetz zuständige Kommission des Ständerats will nun die verschiedenen Stellungnahmen zusammenfassen und in den Verordnungstext einfliessen lassen. Wann das Parlament darüber beraten wird, ist allerdings noch offen.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 06:31 / 17:30 Uhr

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