«Eine potenziell giftige Wolke in Schweizerhalle bei Pratteln, die sich bis nach Basel ausbreitet»: Der Alarm von Alertswiss am Freitagabend weckte schlechte Erinnerungen an Chemieunfälle aus vergangenen Jahrzehnten. Denn: Da gab es gar nicht so wenige.
Beim aktuellen Vorfall bei der Chemiefirma CABB ist Acetylchlorid ausgetreten, woraufhin sich eine Nebelwolke bildete, die Richtung Basel zog. 2021 flossen von derselben Firma Pflanzenschutzmittel in den Rhein.
Bei einem Produktionsgebäude von CABB trat 2013 eine stark ätzende Flüssigkeit aus, die ebenfalls einen Nebel bildete. 2014 starb gar ein Mitarbeiter wegen verätzter Lunge. Wieso macht CABB nicht mehr für den Schutz und die Sicherheit?
Wir können nie zu 100 Prozent ausschliessen, dass trotzdem etwas passiert.
«Wir haben in den letzten Jahren mehr als 100 Millionen Franken investiert in die Sicherheit und den Umweltschutz in unseren Anlagen», sagt Uwe Müller, Werksleiter von CABB. Das habe höchste Priorität. «In der Chemie oder der Technik können wir aber nie zu 100 Prozent ausschliessen, dass trotzdem etwas passiert», fügt Müller an.
Der Werksleiter betont, dass Messungen ausserhalb des Betriebsgebäudes zu keinem Zeitpunkt erhöhte Werte ergeben hätten und nichts in den Rhein geflossen sei. «Durch den beherzten Auftritt der Feuerwehr und der Spezialisten konnten wir den Austritt relativ schnell stoppen.»
Der neueste Unfall habe zudem gezeigt, wie gut die Firma vorbereitet und wie gut die Zusammenarbeit mit den Behörden sei, so Müller.
Gemeindepräsident von Pratteln ist besorgt
Kritischer sieht das Stephan Burgunder, Gemeindepräsident von Pratteln: Er sei über Swiss Alert alarmiert worden.
Wir sind wirklich sehr überrascht (...), dass sich wieder eine solche Havarie ereignen konnte.
Er habe dann viele Reaktionen aus der Bevölkerung erhalten. «Wir sind wirklich sehr überrascht, dass sich trotz der getroffenen Massnahmen wieder eine solche Havarie ereignen konnte», betont Burgunder.
Nach den diversen Vorfällen bei der Firma CABB ist er besorgt. Man schramme immer wieder knapp an der Katastrophe vorbei, daher brauche es nun eine klare Handhabung: «Wir fordern, dass man jetzt genau hinschaut, wie man das in Zukunft verhindern kann. So etwas darf einfach nicht mehr passieren.»
Bevölkerung ist verunsichert
Wie es genau zum Zwischenfall kam und wo die Ursachen liegen, sei zurzeit aber noch unklar, sagt Werksleiter Müller. Es gebe auch noch keine Ergebnisse, wie viel Acetylchlorid ausgetreten und ob der Stoff verdünnt gewesen sei.
Die Bevölkerung vor Ort hat kein Vertrauen mehr in die CABB.
Genauso unklar scheint für die Bevölkerung, warum es trotz Versprechen von Politik und Unternehmen erneut zu solchen Vorfällen kommt. «Die Wohnbevölkerung vor Ort wurden von Seiten der Politik immer wieder vertröstet», sagt Stephan Ackermann, Fraktionspräsident Grüne/EVP in Baselland, der selbst in Pratteln aufgewachsen ist. Man sei dran bei der CABB, so die Versprechen.
Doch Ackermann ist enttäuscht: «Die Bevölkerung vor Ort hat kein Vertrauen mehr in die CABB.» Wenn so etwas passiere bei ihnen in der Region, gebe es natürlich viel Unsicherheit. «Wir haben schon viel erlebt.»