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Vorfall in Schweizerhalle BL Chemieunfall: Untersuchung deutet auf Defekt bei Pumpe hin

  • Mit grosser Wahrscheinlichkeit ist die Havarie aber wegen Leckage bei einer Pumpe passiert, teilt die Firma CABB am Donnerstag mit. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.
  • CABB geht von einem technischen Defekt aus, menschliches Versagen könne ausgeschlossen werden. Weshalb es zum Defekt gekommen ist, werde weiter untersucht.
  • In der Nacht auf Samstag ist Acetylchlorid ausgetreten; der Kanton Basel-Landschaft gab am frühen Samstagmorgen Entwarnung.

Nach dem Chemieunfall hat die Firma CABB eine Untersuchung eingeleitet. Diese zeige, dass mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Riss in einem Pumpenelemente das Problem war. «Ich bedauere den Vorfall ausserordentlich und er ärgert mich auch», sagt Thomas Ahrens, Geschäftsleiter und Verwaltungsratspräsident von CABB an der Medienkonferenz.

Bilder eine Pumpe und eines Schlauchs mit einem Riss.
Legende: Aus diesem Riss bei einer Pumpe ist der Stoff Acetylchlorid vermutlich entwicken. zvg, CABB

Die Firma prüfe das besagte Element regelmässig auf Beschädigungen, sagt Uwe Müller, Standortleiter in Pratteln. Bei der letzten Überprüfung im Dezember 2023 seien keine Unregelmässigkeiten festgestellt worden.

Der Stoff Acetylchlorid

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Acetylchlorid oder Essigsäurechlorid ist sehr flüchtig. Gelangt es in die Luft, raucht es, weil sich Salzsäure bildet. Diese wiederum besitzt eine heftige Reiz- beziehungsweise Ätzwirkung auf die Atemwege. Acetylchlorid wird hauptsächlich in chemischen Synthesen benutzt, etwa in der Synthese von Arzneimitteln.

Dabei könne menschliches Versagen ausgeschlossen werden; CABB geht von einem technischen Defekt aus. Allerdings müsse weiter untersucht werden, wie es dazu kam. Die Verantwortlichen der Chemiefirma CABB betonen am Donnerstag vor den Medien erneut, dass es kein Sicherheitsproblem gibt.

Zwei Männer an der Medienkonferenz von CABB.
Legende: Es gebe keine hundertprozentige Sicherheit, wohl aber habe das Unternehmen zusammen mit den Einsatzkräften hundertprozentigen Einsatz gezeigt, betont die Unternehmensspitze an der Medienkonferenz. SRF / Nina Gygax

An den Standorten in Pratteln handle es sich um ein modernes chemisches Werk nach neusten Standards, wie es in der Medienmitteilung heisst. In den letzten vier Jahren hat CABB in Pratteln nach eigenen Angaben 119 Millionen Franken investiert, davon rund drei Viertel in die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Anlagen.

Auch Justiz untersucht den Unfall

Die Baselbieter Staatsanwaltschaft klärt ab, ob «strafrechtlich relevante Handlungen zum Stoffaustritt» geführt haben. Das sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das Strafverfahren richte sich gegen eine unbekannte Täterschaft.

Die betroffene Firma CABB in Pratteln hat nicht zum ersten Mal mit der Baselbieter Justiz zu tun. So wurde 2019 ein Mitarbeiter der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen. Dies, nachdem ein anderer Mitarbeiter 2014 bei einem Unfall innerhalb des Betriebes gestorben war. Der Vorgesetzte des verurteilten Mitarbeiters wurde freigesprochen.

Chemievorfälle wecken böse Erinnerungen

«Eine potenziell giftige Wolke in Schweizerhalle bei Pratteln, die sich bis nach Basel ausbreitet»: Der Alarm von Alertswiss von letztem Freitagabend weckte schlechte Erinnerungen an Chemieunfälle aus vergangenen Jahrzehnten. Denn: Da gab es gar nicht so wenige.

Beim aktuellen Vorfall bei der Chemiefirma CABB war Acetylchlorid ausgetreten, woraufhin sich eine Nebelwolke bildete, die Richtung Basel zog. 2021 flossen von derselben Firma Pflanzenschutzmittel in den Rhein.

Mehrere Vorfälle bei CABB

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Das Unternehmen CABB produziert Feinchemikalien und stand in der Vergangenheit immer wieder in den Schlagzeilen mit Pannen. Im Juli 2014 barst ein Container mit hochgiftigem Inhalt. Ende 2016 kam es innerhalb von nur zwei Monaten gleich zu fünf Störfällen mit Lecks, aus welchen giftige Stoffe austraten. 2021 flossen mehrere Kilogramm Pflanzenschutzmittel in den Rhein.

Zur Bekämpfung der Havarie wurden gemäss der Polizeimitteilung sämtliche notwendigen Einsatzkräfte aufgeboten. Durch den kantonalen Führungsstab seien ein Schadenplatzkommando zur Bewältigung des Ereignisses eingesetzt und der Kommandoposten in Liestal hochgefahren worden. Über die von den Behörden eingerichtete kantonale Notfall-Hotline seien über 500 Anrufe eingegangen.

Regionaljournal Basel, 2.5.2024, 12.03 Uhr ; 

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