Eine Ausnahmeregelung im Ausländer- und Integrationsgesetz macht es möglich: Reiche Ausländerinnen und Ausländer können sich in der Schweiz eine Aufenthaltsbewilligung kaufen – mit dem sogenannten «goldenen Visum». Doch die Regelung gerät politisch zunehmend in die Kritik.
Während über längere Zeit die Anzahl goldener Visa in der Schweiz stabil oder sogar rückläufig war, hat sich der Trend in den letzten Jahren geändert, wie der «Tages-Anzeiger» kürzlich meldete. Die Zahl der Visa ist seit 2021 von 354 auf knapp 500 gestiegen – ein Plus von über 30 Prozent, doch immer noch auf tiefem Niveau.
Glättlis zweiter Anlauf
Schon vor drei Jahren wollte Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli das goldene Visum verbieten. Ohne Erfolg. Nun startet er einen neuen Anlauf.
Am Top der Liste sind weiterhin Russen und Menschen aus China. Und man weiss ja: In China und in Russland wird man nicht reich, ohne dass es dem Regime gefällt.
«Was mich stört: Es sind nicht alle gleich vor dem Ausländerrecht. Die Reichsten sind bessergestellt», erklärt Glättli. Er kritisiert vor allem die Herkunft der Visumsinhaberinnen und -inhaber: «Am Top der Liste sind weiterhin Russen und Menschen aus China. Und man weiss ja: In China und in Russland wird man nicht reich, ohne dass es dem Regime gefällt.»
Reputationsrisiko für die Schweiz?
Die Frage steht im Raum: Ist die Schweiz ein Ort für Oligarchen und Autokratenfreunde? Bedeutet das goldene Visum ein Reputationsrisiko? In der EU jedenfalls wird eine Abschaffung diskutiert.
vor allem brauchen wir Zuwanderung, die der Gesellschaft insgesamt etwas nützt und der Wirtschaft.
Das aber sei kein Grund für die Schweiz, nachzuziehen, findet SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann: «Die EU ist generell auf dem Holzweg. Und auch in dieser Hinsicht darf Brüssel nicht Leitlinie sein, sondern wir dürfen selbstbewusst und direktdemokratisch unsere eigenen Regeln bestimmen.»
Steinemann verteidigt die Regelung, obwohl sie sonst eher für zuwanderungskritische Äusserungen bekannt ist: «Die SVP ist natürlich nicht generell gegen die Zuwanderung, sondern im Gegenteil. Wir brauchen Zuwanderung. Und vor allem brauchen wir Zuwanderung, die der Gesellschaft insgesamt etwas nützt und der Wirtschaft. Und das ist bei diesen Personen sicherlich der Fall.»
Was ist «öffentliches Interesse»?
Rechtsgrundlage für das goldene Visum ist seit 2008 eine Bestimmung, wonach Kantone eine Aufenthaltsbewilligung erteilen dürfen, wenn ein «wichtiges öffentliches Interesse» besteht. Was das bedeutet, liegt im Ermessen der Kantone. Für einige Kantone sind bereits zusätzliche Steuereinnahmen ausreichend und von wichtigem öffentlichem Interesse.
Mitte-Präsident Gerhard Pfister stellt das infrage. Es könne nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, goldene Visa allein aufgrund des Vermögens zu vergeben – das entspreche nicht der Idee eines «wichtigen öffentlichen Interesses», meint er.
Ich glaube, es hat sich in den letzten Jahren schon eine Entwicklung ergeben, die mindestens mich dazu veranlasst, diese Frage vertieft zu prüfen.
Pfister fordert denn auch eine Diskussion darüber, was unter die Kategorie «wichtiges öffentliches Interesse» fällt und was nicht. Wenn ein Superreicher in der Schweiz schlicht seinen Ruhestand geniessen wolle, dann sei das für ihn ein persönliches und kein öffentliches Interesse.
«Ich glaube, es hat sich in den letzten Jahren schon eine Entwicklung ergeben, die mindestens mich dazu veranlasst, diese Frage vertieft zu prüfen», erklärt Pfister.
Neue Mehrheiten in Sicht?
Glättli dürfte diese leisen Töne aus der Mitte-Partei mit Freude vernehmen. Will er sich mit dem Anliegen diesmal durchsetzen, braucht er einen Grossteil der Mitte-Partei aus dem National- und Ständerat.
Der politische Kampf ums goldene Visum geht in eine neue Runde.