Es ist ein hochbrisantes Dossier, welches die Schweizer Politik seit geraumer Zeit umtreibt: Das Rahmenabkommen mit der EU. Dazu die wichtigsten Fakten und Positionen.
Die Vorgeschichte: Die Beziehungen der Schweiz mit der EU sind derzeit über ein Netz von Verträgen geregelt, das aus rund 20 zentralen bilateralen Abkommen sowie über 100 weiteren Abkommen besteht. Die EU will dieses Vertragsgeflecht mit einem Rahmenabkommen unter ein gemeinsames Dach bringen. Darin sollen vor allem institutionelle Fragen einheitlich und übergeordnet geregelt werden. Die Verhandlungen über das Rahmenabkommen begannen im Mai 2014. Seit November 2018 liegt als Ergebnis ein Vertragsentwurf vor.
Das Rahmenabkommen beinhaltet fünf Verträge, welche der Schweiz den Zugang zum EU-Binnenmarkt sichern: die Abkommen über Personenfreizügigkeit, Landverkehr, Luftverkehr, technische Handelshemmnisse und das Agrarabkommen. Die EU passt ihre Markt-Regeln laufend an. Bis jetzt müssen die Verträge mit der Schweiz bei jeder Veränderung des EU-Rechts nachverhandelt werden. Das Rahmenabkommen soll festlegen, wie die Schweiz Neuerungen des EU-Rechts übernimmt.
Dynamische Rechtsübernahme: Gemäss Entwurf gewährt die EU der Schweiz gewisse Mitwirkungsrechte bei der Erarbeitung von neuem Recht. Hat die EU einen relevanten neuen Rechtsakt verabschiedet, informiert sie die Schweiz über den zuständigen Gemischten Ausschuss. Beide Seiten verpflichten sich, neues Recht so schnell wie möglich in die betroffenen Marktzugangsabkommen zu integrieren.
Die Schweiz hat hierzu jeweils zwei Jahre Zeit. Drei Jahre, falls die Anpassung dem Referendum untersteht. Eine automatische Rechtsübernahme ist ausgeschlossen. Ist die Schweiz nicht bereit, eine bestimmte Weiterentwicklung zu übernehmen, kann die EU ein Streitbeilegungsverfahren einleiten.
Knackpunkt Lohnschutz: Die sogenannten flankierenden Massnahmen legen fest, dass Arbeitgeber aus der EU die Schweizer Lohn- und Arbeitsbedingungen einhalten. Die EU ist zwar nicht gegen dieses Prinzip, sie kritisiert aber Teile der flankierenden Massnahmen, zum Beispiel, dass Firmen Arbeitseinsätze acht Tage vorher in der Schweiz anmelden müssen. Insbesondere für die Gewerkschaften sind Abstriche bei den flankierenden Massnahmen – wie sie zurzeit vorgesehen sind – ein Tabu.
Die Positionen: Die EU ist einer der wichtigsten Handelspartner der Schweiz. Rund die Hälfte der Exporte wird in Staaten der Europäischen Union geliefert. Unter anderem deshalb müsse das vorliegende Rahmenabkommen unterzeichnet werden, sagen FDP, GLP und BDP .
Die Schweiz könne dieses Abkommen, so wie es jetzt auf dem Tisch liegt, unter keinen Umständen unterzeichnen, sagen SP, CVP und Grüne . Es brauche zwar ein Rahmenabkommen – und dieses sei auch wichtig für den Wohlstand der Schweiz – allerdings seien zuerst in zentralen Punkten unbedingt Nachbesserungen nötig, wie zum Beispiel bei den flankierenden Massnahmen.
So oder so nicht unterschreiben will hingegen die SVP . Sie ist der Überzeugung, dass die EU durchaus auch auf die Schweiz angewiesen ist – und ein Rahmenabkommen für die Weiterentwicklung des bilateralen Weges keineswegs notwendig sei. Im Gegenteil, ein solches würde viel mehr die Souveränität der Schweiz untergraben.