Vor vier Jahren wurde Ruedi Noser (FDP) im zweiten Wahlgang zum Ständerat gewählt. Auch dieses Jahr muss der 58-Jährige mit einem zweiten Wahlgang rechnen: Noser gilt zwar als markanter und einflussreicher Politiker in Bern, als Freisinniger mit einem grünen Flair. Doch links-grüne Konkurrentinnen wie Marionna Schlatter (Grüne) und Tiana Moser (Grünliberale) könnten seine Wiederwahl gefährden. Auf der rechten Seite wiederum muss er sich gegen Roger Köppel (SVP) behaupten.
SRF: Sie standen Ende Januar schlagartig als grüner Freisinniger in der Öffentlichkeit. Damals wurde die Gletscherinitiative lanciert. Sie fordert null Emmissionen bis 2050. Ist es Wahlkampftaktik, dass Sie im Komitee sind?
Ruedi Noser: Ich habe die Gletscherinitative mit einigen Formulierungen mitgeprägt. Bis auf einen Satz handelt es sich dabei um eine sehr liberale Initiative. Rund 70 Prozent der Freisinnigen unterstützen sie, und auch vom Bundesrat wird die Initiative mehrheitlich befürwortet. Mein Engagement bedeutet mir deshalb viel. Unsere Gletscher liegen mir am Herzen: Wenn das «Vrenelisgärtli» keinen Schnee mehr hat, schmerzt mich das auch in Zürich.
In der Umweltkommission des Ständerates haben Sie das CO2-Gesetz verschärft, das bald in den Rat kommt. Eine Flugticketabgabe zwischen 30 und 120 Franken ist vorgesehen. Ist das ausreichend?
Ob es ausreichend ist, kann niemand sagen. Aber mit dem Gesetz legen wir für die nächsten zehn Jahre einen Kurs fest. Wir haben so noch alle Möglichkeiten, das Pariser Ziel mit der C02-Neutralität 2050 zu erreichen. Mit dem Vorschlag des Bundesrates hätte man dies nur ungefähr erreicht. Wir haben einen richtigen Schritt gemacht.
Aber mit 30 Franken für einen Europaflug, mit 120 Franken für einen Langstreckenflug bringen Sie die schweizweiten Passagierzahlen doch nicht runter?
Das soll auch nicht das Ziel sein. Wir leben in einer multikulturellen Welt, 30 Prozent Ausländer leben bei uns. Die Schweizer werden immer mehr fliegen als andere. Denn wir haben Familie im Ausland oder studieren in anderen Ländern. Glücklicherweise ist Vietnam der Jugend heute nicht unbekannt. Es wäre falsch, zu denken, die Welt löse gemeinsam Probleme und man dürfe sich nicht mehr gegenseitig besuchen. Es braucht eine C02-neutrale Welt. Menschen in nationalen Grenzen einzusperren, ist keine Lösung.
Was wäre das wichtigste Ziel für Sie, sollten Sie wiedergewählt werden?
Ich möchte, dass wir bei der Altersvorsorge einen tragfähigen Kompromiss finden. So wie er bei der Unternehmensbesteuerung, bei der AHV-Finanzierung und jetzt beim CO2-Gesetz zustande gekommen ist. Wir brauchen einen Kompromiss, hinter dem nicht nur zwei, sondern mindestens drei Parteien stehen. Es muss eine Lösung sein, die man gemeinsam der Bevölkerung präsentieren kann und von ihr mit gutem Mut bejaht wird.