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Wahlen Kanton Bern Die Harmonie trügt im rot-grünen Wahlkampf-Lager

Zwar tritt Rot-Grün im Berner Wahlkampf nach Aussen geeint auf. Doch hinter den Kulissen brüskierten sich die Parteien.

Sie präsentieren sich gemeinsam auf Wahlplakaten, gehen zusammen an Wahlveranstaltungen. Doch ganz so harmonisch ist das Verhältnis zwischen der SP und den Grünen im Kanton Bern nicht. Das zeigte sich besonders in jener Phase des Wahlkampfes, in der die Kandidatinnen und Kandidaten definiert wurden.

Kandidatinnen und Kandidaten
Legende: Christine Häsler ist die einzige Grüne auf dem Ticket der Linken. Neben ihr stehen Christoph Ammann, Evi Allemann und Erich Fehr von der SP. zvg

Bei diesen Verhandlungen hat die SP ihre grüne Bündnispartnerin brüskiert. Eigentlich wollte Rot-Grün die Mehrheit in der Kantonsregierung mit dem Jurasitz zurückholen, den sich 2016 der Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) gesichert hat.

Eine grüne Frau sollte das richten: Moussia von Wattenwyl aus Tramelan. Daraus wurde aber nichts, weil der Gesundheitsdirektor Schnegg durch die Corona-Pandemie gestärkt wurde und er kaum zu schlagen ist. Der Jurasitz wurde aufgegeben und die SP zauberte überraschend die Kandidatur des Bieler Stadtpräsidenten Erich Fehr aus dem Hut. Setzte ihn den Grünen vor die Nase.

Grüne wollten alleine

Damit es zwischen den beiden Parteien nicht ganz zum Bruch kam, einigten sie sich schliesslich auf ein Vierer-Ticket. Die Kandidatin der Grünen aus dem Berner Jura musste sich zurückziehen. «Wir entschieden uns, gemeinsam mit der SP in einer Koalition anzutreten», sagt die grüne Kantonalpräsidentin Natalie Imboden dazu. Begeisterung klingt anders.

Begeistert waren auch Delegierten der Grünen nicht, als Christine Häsler als ihre einzige offizielle Kandidatin vorgestellt wurde. Einige Delegierte waren derart wütend auf die SP, dass sie alleine in die Wahlen ziehen wollten. «Die Zeiten, in denen die grüne Partei die kleine Schwester war, sind vorbei», so Imboden.

Dennoch sind SP und Grüne im Kanton Bern noch lange nicht auf einer Augenhöhe. Bei den Wahlen vor vier Jahren kamen die Grünen auf einen Wähleranteil von rund 10 Prozent. Die SP auf 22 Prozent. Rein rechnerisch kann es sich die SP in Bern also erlauben, in diesem Bündnis ihre Muskeln spielen zu lassen.

Ich finde das überheblich.
Autor: Werner Salzmann SVP-Ständerat Kanton Bern

Jedoch gleich mit drei Personen und mit den Grünen gar zu viert in der siebenköpfigen Regierung vertreten zu sein, sei dann doch zu hoch gegriffen, findet der ehemalige SVP-Kantonalpräsident Werner Salzmann: «Ich finde das überheblich. Ihr Anteil entspricht überhaupt nicht dieser Macht im Kanton.»

Bürgerliche Überheblichkeit abgestraft

Die SVP musste sich diesen Vorwurf in der Vergangenheit selbst anhören, als sie 2006 vier Kandidierende auf der bürgerlichen Liste ins Rennen schickte. Die Bürgerlichen wurden abgestraft und verloren ihre Mehrheit in der Regierung, die sie erst 2016 wieder zurückholen konnten.

Man muss manchmal auch mutig sein.
Autor: Mirjam Veglio Co-Präsidentin SP Kanton Bern

SP-Co-Präsidentin Mirjam Veglio muss sich also jetzt auch die Frage gefallen lassen, ob es die Partei denn nicht übertreiben würde. «Man muss manchmal auch mutig sein, um etwas gewinnen zu können.»

Neue Konkordanz braucht Zeit

Einen Machtanspruch zu stellen, würde in der Schweiz aber Zeit brauchen, sagt Politologe Marc Bühlmann. Bei den Bundesratswahlen spreche man auch von einer neuen Konkordanz mit einem Sitz für die Grünen. «Man muss länger zeigen, dass man wirklich einen Machtanspruch geltend machen kann, um honoriert zu werden», so Bühlmann.

Nach dem Kräftemessen bleibt ein fader Beigeschmack.
Autor: Marc Bühlmann Politologe Universität Bern

Trotz des zahlenmässigen Ungleichgewichtes bleibe Rot-Grün nichts anderes übrig, als im Wahlkampf Einigkeit zu demonstrieren: «Beide Parteien sind nicht an einer Bruchlinie interessiert.»

Und trotzdem bleibe nach diesem Kräftemessen ein fader Beigeschmack: «Es wirkt, als müssten die Grünen die Kröte schlucken. Sie hatten bereits eine Kandidatin aufgebaut, die sie dann zurückziehen mussten.»

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 25.02.2022, 17:30 Uhr

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