Der Weg vom Restaurant zum Gipfel des Moléson ist nicht weit. Er ist aber weit genug – bei diesen Temperaturen. Sechs Grad zeigt das Thermometer. Und das im Juli.
Ob das ein Zeichen sei, dass es doch nicht so schlimm stehe um den Klimawandel? Das habe er mit dem Ausflug keineswegs aufzeigen wollen, versichert SVP-Bundesrat Albert Rösti. «Ich hätte mir Sonnenschein erhofft – auch wenn es gut ist, dass es wieder mal geregnet hat.»
Der Bundesrat hat Wanderschuhe und Winterjacke montiert – und eine rote Mütze mit Schweizerkreuz und der Aufschrift «Switzerland». Zur Kälte kommt dichter Nebel hinzu.
Die Schweiz braucht genügend Strom
Rösti schreitet den steinigen Weg zum Gipfel hinauf, während er über die Herausforderungen in seinem Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation spricht. Er zeigt sich dabei in vielem betont optimistisch, als wollte er einen Kontrapunkt zum garstigen Wetter setzen.
Die Nachfrage nach zusätzlichem Strom wird enorm sein.
Doch etwas bereitet ihm Bauchschmerzen: Kann die Schweiz dereinst genügend CO₂-neutralen Strom produzieren? Rösti sagt dazu, dass er – Stand heute – davon ausgehe, dass es dereinst ein neues AKW brauchen könnte.
«Die Nachfrage nach zusätzlichem Strom wird enorm sein», sagt Rösti. Wegen des Bevölkerungswachstums, aber auch wegen der künstlichen Intelligenz. «Da sollten wir für ein neues AKW bereit sein.»
Neues AKW als Möglichkeit
Nach den Sommerferien werde der Bundesrat den Gegenvorschlag zur Initiative «Blackout stoppen» präsentieren. Diese will das AKW-Neubauverbot aufheben.
Kürzlich ist ein Bericht der Akademie der Wissenschaften zum Schluss gekommen, dass ein neues AKW realistischerweise frühestens 2050 in Betrieb genommen werden könnte.
Unsere Vorfahren haben eine Riesenleistung erbracht – jetzt ist es an uns, für die nächste Generation vorzusorgen.
Für Rösti hat der Bericht nichts Neues aufgezeigt. Und er glaubt, dass ein AKW-Neubau, sollte dies unbedingt nötig sein, stark beschleunigt werden könnte – «mittels gesetzlicher Anpassungen».
Suche nach prioritären Verkehrsprojekten
Fast oben auf dem Gipfel des Moléson angekommen, kommt ein eisiger Wind hinzu – wie damals vor gut sieben Monaten beim Nein des Volkes zum Autobahnausbau. Er habe aus der Abstimmungsniederlage seine Schlüsse gezogen, sagt der Verkehrsminister.
Doch der Investitionsbedarf im Verkehr ist enorm, es braucht Prioritäten. Dabei nimmt sich Rösti frühere Generationen zum Vorbild: «Unsere Vorfahren haben eine Riesenleistung erbracht.»
Deshalb verfüge die Schweiz heute über fantastische Bahn- und Strassensysteme. «Jetzt ist es unsere Aufgabe, für die nächste Generation vorzusorgen.»
Bald soll eine neue ETH-Studie aufzeigen, welche Verkehrsprojekte priorisiert werden sollen. Auch Projekte aus der abgelehnten Autobahnvorlage werden erneut geprüft.
Klimawandel, Stromversorgung, Verkehrsinfrastruktur: Im Departement Rösti gibt es einige Baustellen. Sind da die Aussichten so trüb wie die Sicht auf den Moléson? «Die geopolitischen Aussichten sind etwas trüb. Aber in der Schweiz ist es alles andere als trüb», sagt Rösti überzeugt.
Und zumindest, was den Moléson betrifft, bekam der Bundesrat kurz darauf recht: Schon gegen Mittag lichtete sich auf dem Berg der Nebel.