«Dies ist das Matterhorn, Europas gefährlichster Berg, und ich versuche, ihn alleine zu besteigen.» So beginnt das 25-minütige Video von Magnus Midtbo. Er dokumentiert seinen Weg auf dem 4478 Meter hohen Berg: «So etwas habe ich noch nie getan.»
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Er sei schlecht vorbereitet, hält er im Video fest. Zwar sei er Sportkletterer, aber habe keine Erfahrung im Eisklettern. Die nötigen Steigeisen habe er erst kurz vor dem Aufstieg mithilfe des Internets versucht zu montieren – im Wissen darum, dass wenn sie nicht halten, er in den Tod fällt.
Jeder kleine Ausrutscher könnte leicht das Ende bedeuten.
Unterwegs kämpft er mit der Höhe – Kopfschmerzen, Müdigkeit, schwindende Konzentration. «Alles ist tausendmal schwieriger, als es normalerweise wäre.»
Grosse Steine donnern nur knapp neben ihm vorbei, Midtbo hat Mühe, den richtigen Weg zu finden. Andere Kletterer rufen ihn auf den richtigen Weg zurück. «Jeder kleine Ausrutscher könnte leicht das Ende bedeuten.»
Alleine aufs Matterhorn ohne Erfahrung
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Bild 1 von 7. Gleich zu Beginn erzählt Midtbo seinem Publikum, dass über 500 Menschen beim Versuch, diesen Berg zu besteigen, ums Leben gekommen sind. Bildquelle: Youtube/magmidt.
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Bild 2 von 7. «Grosse Höhe, exponierte Grate, eisige Bedingungen, loses Gestein. Dieser Berg ist kein Scherz» – auch Midtbo spürt die Höhe. Bildquelle: Youtube/magmidt.
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Bild 3 von 7. Empfohlen wird ein 40-m-Seilt – er habe nur 35 Meter. Gebraucht hat er es oft jedoch gar nicht. Bildquelle: Youtube/magmidt.
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Bild 4 von 7. Er schwärmt von der schönen Aussicht: «Ich meine, schau dir das an. Bisher war es einfach wunderschön.». Bildquelle: Youtube/magmidt.
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Bild 5 von 7. Midtbo kommt jedoch mehrmals vom Weg ab – auch wieder beim Abstieg. Bildquelle: Youtube/magmidt.
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Bild 6 von 7. «Der Gipfel-Eishang fühlte sich extrem heikel an.» Steigeisen und Eispickel habe er erst gerade gekauft. Bildquelle: Youtube/magmidt.
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Bild 7 von 7. Er schafft es: «Oh mein Gott. Man fühlt sich, als wäre man auf dem Dach der Welt. Das ist verrückt. Woo! War noch nie so hoch oben.». Bildquelle: Youtube/magmidt.
Am Schluss schafft er es trotzdem: «Oh mein Gott. Man fühlt sich, als wäre man auf dem Dach der Welt.» Zurück am Boden sagt er selbst, dass er es irgendwie bereue, das Video gedreht zu haben – er sei schlicht nicht gut vorbereitet gewesen und habe das Risiko unterschätzt.
«Ich will nicht, dass irgendjemand das nachmacht», sagt er. Doch reicht das, um andere vom Nachahmen abzuhalten?
Fahrlässiger Aufstieg
Profis wie Anjan Truffer erkennen auf dem Video, dass Magnus Midtbo die Situation nicht wirklich unter Kontrolle hatte. Truffer ist Rettungschef der Air Zermatt, hat auf dem Video gesehen, wie Midtbo von der Normalroute abkam und einen dünnen steilen Grad hinaufkletterte: «Solche Situationen sind brenzlig. Da kann auch einem guten Kletterer ein Unfall passieren. Geht ein Griff oder Tritt weg, ist man unten.»
Die meisten Leute, die solche Videos sehen, seien nicht so gute Kletterer wie Midtbo und könnten zwischen Profi- und Hobby-Kletterer oft nicht unterscheiden. Das könne zur Folge haben, dass Leute dies nachmachen und sich überschätzen, sagt Anjan Truffer.
Gefährliche Vorbildfunktion
Ein solches Manöver sei nicht heldenhaft, sondern fahrlässig, betont auch Daniel Süess, Professor für Medienpsychologie an der Universität Zürich. «Heldenhaft ist nicht, wenn man Risiken eingeht, die man nicht abschätzen kann.»
Süess warnt: «Wenn man immer wieder beobachten kann, wie auch so riskante Unternehmungen gut ausgehen, kann das die Vorstellung verstärken, dass das auch bei mir gut geht.» Zudem könne auch die erhaltene Aufmerksamkeit, der Ruhm für ein solches Video andere verleiten, etwas Gefährliches zu unternehmen.
Es sei wichtig, vor Gefahren wie dem Matterhorn zu informieren. Magnus Midtbo hat dies getan – mehrmals in seinem Video. Doch dies ist laut Daniel Süess ambivalent. Er habe auch viele Likes dafür erhalten, weil er etwas Riskantes, Spannendes und Heldenhaftes gemacht hat. «Wenn er jetzt sagt, er mache das, aber ihr tut das besser nicht, ist das nicht unbedingt wirkungsvoll.»
Es sei wichtig, an mehreren Orten, auf mehreren Kanälen zu informieren und vor den Gefahren zu warnen.