Nicht mit Schirm, Charme und Melone sondern mit Mantel, Stab und Zweispitz war er jeweils zur Stelle, wenn es im Kanton Graubünden offiziell wurde: Der Bündner Standesweibel Julius Maissen.
Als Standesweibel repräsentierte «Jule», wie ihn alle nennen, fast drei Jahrzehnte lang den Kanton Graubünden bei offiziellen Anlässen. Etwa bei Feiern für neu gewählte Präsidentinnen oder Präsidenten des kantonalen Parlaments, bei der Vereidigung von Regierungsmitgliedern oder wenn der Kanton einen Auftritt hatte, wie zum Beispiel letztes Jahr an der Olma.
Pro Jahr hatte er vier bis fünf Einsätze in der festlichen Amtstracht, dem sogenannten Ornat. An seinem letzten Tag als Standesweibel sagt der bald 75-jährige Disentiser: «Diese 28 Jahre waren für mich die schönste Zeit».
Immer in Amtstracht
Auch bei seinem letzten Auftritt als Bündner Standesweibel trägt Julius Maissen das traditionelle Gewand mit einem Mantel in den Kantonsfarben Weiss, Schwarz und Blau, am Kragen ist etwas Gelb zu sehen. Auf Brusthöhe baumelt ein Schild aus Metall. Dazu trägt er auf dem Kopf einen Spitzhut und in der Hand den traditionellen Weibelstab.
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Bild 1 von 4. Zur Amtstracht eines jeden Standesweibels gehört traditionell der Mantel, das Wappen an der Brust, der Hut und der Stab. Je nach Kanton variieren Ausführung und Farbe. Bildquelle: SRF/Silvio Liechti.
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Bild 2 von 4. Der Schild ist aus Metall und zeigt das Bündner Kantonswappen. Es wird an der linken Brust getragen. Bildquelle: SRF/Silvio Liechti.
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Bild 3 von 4. Auch auf dem Metallknauf des Weibelstabs darf das Bündner Wappentier, der Steinbock, nicht fehlen. Zum offiziellen Tenue gehören auch die weissen Handschuhe. Bildquelle: SRF/Silvio Liechti.
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Bild 4 von 4. Schön verziert ist auch der zweispitzige Hut, traditionell in den Kantonsfarben gehalten. Die Form ist hingegen bei allen Kantonen gleich. Bildquelle: SRF/Silvio Liechti.
Der Metallknauf des Weibelstabs ist aufwändig verziert, mit dem Bündner Wappen, auf das sich ein Steinbock mit seinen Vorderläufen stützt. Entsprechend bringe der Stab ein ziemliches Gewicht auf die Waage, so Maissen.
Er sei schon gefragt worden, ob er ein Bodyguard sei und den Stab als Waffe gebrauche. Nein, habe er geantwortet. Aber: «Wenn etwas passieren würde und jemand den Steinbock auf den Kopf oder in den Rücken bekommt, dürfte das weh tun.»
Immer diskret im Hintergrund
Nicht nur was die Kleidung betrifft, gelten für Standesweibelinnen und -weibel strenge Regeln, auch bezüglich ihres Verhaltens. So sieht es der Leitfaden der Weibelvereinigung vor.
Bei Umzügen laufen sie dicht bei der Regierung mit, bei Reden stehen sie im Idealfall links des Regierungsmitglieds. «Ich bin sowieso einer, der lieber im Hintergrund und nicht im Vordergrund steht», sagt Maissen.
Weibel auf allen politischen Stufen
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Bild 1 von 3. Standesweibel gibt es in jedem Kanton. Sie heissen teils auch Staats- oder Landweibel. Hier begleiten allerdings Bundesweibel die neue Ständeratspräsidentin Eva Herzog und den neuen Nationalratspräsidenten Eric Nussbaumer. Bildquelle: Keystone/Anthony Anex.
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Bild 2 von 3. Nationalratsweibel warten mit den Stimmboxen auf die Wahl des Bundesanwalts. Es gibt auch Weibel, die der zweiten Parlamentskammer, dem Ständerat, zugeordnet sind. Bildquelle: Keystone/Peter Schneider.
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Bild 3 von 3. Auf Bundesebene gibt es zudem Bundesratsweibel. Sie sind einem Mitglied des Bundesrats fest zugeteilt. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
An seinem heutigen letzten Tag als Bündner Standesweibel ist Wehmut beim bald 75-Jährigen zu spüren, aber nur ein bisschen, wie er sagt. «Man sollte aufhören, wenn es noch Spass macht und man gesund ist.» Beides sei bei ihm der Fall.
Die Nachfolge von Julius Maissen ist bereits geregelt. Das Amt übernimmt Heidi Nold. Sie ist damit die erste Standesweibelin des Kantons Graubünden.