Zum Inhalt springen

Weg von den Sozialdemokraten Paukenschlag: Zürcher Regierungsrat Mario Fehr verlässt SP

  • Der 62-Jährige hat den Entscheid am Freitag an einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz kommuniziert.
  • Er gründe keine neue Partei und habe keine Pläne, einer anderen Gruppierung beizutreten, hält Mario Fehr fest.
  • Ob er 2023 nochmals bei den Regierungsratswahlen antritt, lässt der Zürcher Sicherheitsvorsteher offen.

«Der Rücktritt ist schmerzhaft und bedauerlich, letzten Endes aber unvermeidlich», hält Mario Fehr vor den Medien fest. Nur so könne er aber seine Glaubwürdigkeit aufrechterhalten.

Differenzen bei Asylrecht oder Sozialpolitik

Als Grund für seinen sofortigen Austritt gibt Fehr die Spannungen zwischen ihm und seiner Partei an. «Diese verunmöglichen eine Zusammenarbeit zunehmend», so der Regierungsrat. Die Führung der Stadtzürcher und der kantonalen SP sei immer ideologischer und drifte nach links ab. In verschiedenen Punkten wie etwa beim Asylrecht, bei der Sozialpolitik oder bei Fragen der Sicherheit sei er sich mit der Partei nicht einig.

Als Regierungsrat sei er auf die Unterstützung von Institutionen, Gruppierungen und Partnerinnen und Partner angewiesen, sagte Mario Fehr vor den Medien. Auch der Support der eigenen Partei sei notwendig. Die aktuellen Gremien der SP würden ihm aber keine Unterstützung mehr anbieten. Fehr kritisierte weiter, dass in der SP eine Intoleranz gegenüber anderen Meinungen herrsche. Keine andere Partei habe ihren Regierungsrat über Jahre hinweg derart kritisiert.

Die schwierige Beziehung der SP Zürich mit Mario Fehr

Zwischen Mario Fehr und seiner Partei kam es immer wieder zu Differenzen. 2015 reichten beispielsweise die Jungsozialisten eine Strafanzeige gegen den Politiker ein. Damals wurde bekannt, dass sich die Zürcher Kantonspolizei ohne gesetzliche Grundlage eine Überwachungssoftware angeschafft haben soll. Mario Fehr sistierte in Folge seine Mitgliedschaft bei den Sozialdemokraten vorübergehend. Die Juso zog die Anzeige schliesslich zurück.

Weitere Beispiele für das angespannte Verhältnis

Box aufklappen Box zuklappen
  • Für die Regierungsratswahlen 2019 wurde Mario Fehr von seiner Partei nur mit knapper Mehrheit nominiert. Die Stadtzürcher SP war dagegen. Die Alternative Liste und die Grünen verweigerten Mario Fehr im Abstimmungskampf die Unterstützung. Mario Fehr wurde dennoch mit über 170'000 Stimmen wiedergewählt und erzielte das beste Ergebnis.
  • 2020 flammte der Konflikt zwischen der SP und Mario Fehr erneut auf. Im Oktober stürzten zwei abgewiesene Asylbewerber aus dem Fenster einer Unterkunft in der Stadt Zürich und verletzten sich. Die Zürcher Sicherheitsdirektion mit Regierungsrat Mario Fehr an der Spitze reagierte mit einer Medienmitteilung auf den Vorfall. Sie schrieb, dass sich mehrere Asylbewerber in der Unterkunft um «grundlegende Regeln und Schutzvorkehrungen foutieren». Diese Reaktion sorgte bei der SP für Empörung, die Partei kritisierte Mario Fehr öffentlich. Unterstützung erhielt Mario Fehr von der SVP des Kantons Zürich.

Wie Mario Fehr bekannt gibt, hat er derzeit keine Pläne für einen Parteiwechsel. Er gründe auch keine neue Partei. Seine Arbeit als Regierungsrat werde er wie bisher fortführen. Offen lässt der Politiker, ob er bei den Wahlen 2023 nochmals antritt. Mario Fehr ist seit 2011 Zürcher Sicherheitsdirektor.

Wie reagiert die Zürcher SP?

Für die SP kommt der Austritt nicht überraschend. «Mario Fehr und wir vonseiten der Parteileitung haben in den letzten Wochen intensive Gespräche geführt», sagt Andreas Daurù, Co-Präsident der kantonalen SP. Die Parteileitung habe Mario Fehr angekündigt, dass ihn bei der Delegiertenversammlung nicht für eine weitere Amtsperiode empfehlen werde. «Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Zusammenarbeit zwischen der Partei und Mario Fehr schwierig war», so Daurù.

Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch kritisiert Mario Fehr

Box aufklappen Box zuklappen
Legende: Keystone

SRF News: Mario Fehr hat der SP Linkslastigkeit vorgeworfen. Auch Sie haben schon gewisse Strömungen in der Partei kritisiert. Was sagen Sie nun zum Aufritt von Mario Fehr?

Daniel Jositsch: Aus meiner Sicht kann man auch in der SP durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Es gibt einen sozialliberalen Flügel, zu dem ich mich ebenfalls zähle. Deshalb die Partei zu verlassen, ist sicher nicht angemessen. Wir sind eine Partei, in der solche Diskussionen bestens ausgetragen werden können.

Mario Fehr sagte, er hätte sich nicht gross verändert. Aber die Partei sei in der Asyl-, Sicherheits- und Sozialpolitik stark nach links abgedriftet. Was sagen Sie dazu?

Gerade in der Asylpolitik hat Mario Fehr als Mitglied des Regierungsrates Positionen eingenommen, welche nicht mit der sozialdemokratischen Partei zu vereinbaren sind. Das gibt es manchmal und es ist nicht so schlimm. Aber dann muss man darüber diskutieren können. Ich glaube, es hat hauptsächlich auch daran gemangelt. Sein Vorwurf war, dass die Partei ihn kritisiert hat. Das gehört schon zum Spiel. Wenn man eine mit der Partei unvereinbare Position einnimmt, gibt es Kritik. Dieser Kritik muss man sich stellen.

Das Gespräch führte Christoph Brunner.

Den Vorwurf, nur die SP hätte ihren Regierungsrat so intensiv kritisiert, weist Daurù zurück. Auch in anderen Parteien sei solche Kritik üblich. Dies gehöre zur Rollenverteilung zwischen einer Partei und der Exekutive. «Es ist zu erwarten, dass sich ein Regierungsrat dessen bewusst ist», sagt Daurù.

SRF 1, Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 18.06.2021, 12.03 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel