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Wegen Zigarettenwerbung Das Parlament am Pranger

Über 50 Prozent der Raucher wollen ihre Sucht ablegen. Die Tabakwerbung halte sie jedoch davon ab, heisst es im Suchtpanorama 2017.

  • In der Schweiz greift jeder Vierte ab 15 Jahren zur Zigarette.
  • Jeder Dritte ist eine Stunde pro Woche Passivrauchern ausgesetzt.
  • Die Organisation für Suchtprävention «Sucht Schweiz» kritisiert die Politik für ihre zögerliche Haltung bei der Gesetzesverschärfung.

«Sucht Schweiz» argumentiert in ihrem Suchtpanorama 2017, dass über 50 Prozent der Rauchenden angeben, mit ihrer Angewohnheit brechen zu wollen. Das Rauchen aufzugeben werde laut den Befragten aber mitunter durch die allgegenwärtige Tabakwerbung erschwert. Die Mehrheit der von «Sucht Schweiz» Befragten würde denn auch die Reklame gerne gesetzlich verbieten.

Die Politik akzeptiert die Situation, um die Interessen von einzelnen Akteuren zu verteidigen
Autor: Markus Meury Mediensprecher Sucht Schweiz

Angesichts der vorliegenden Zahlen kann «Sucht Schweiz» die zögerliche Haltung der Politik in der Frage der Gesetzesverschärfungen nicht nachvollziehen: «Die Politik akzeptiert die Situation, um die Interessen von einzelnen Akteuren zu verteidigen», erklärt Markus Meury, Mediensprecher von «Sucht Schweiz».

Industrie und die entsprechenden Lobbys machten ihren Einfluss stark geltend. Dies zeigte sich laut Meury insbesondere beim Tabakproduktegesetz, das wegen des vorgesehenen Werbeverbots vom Parlament an den Bundesrat zurückgewiesen wurde.

250'000 Menschen haben Kontrolle über Alkoholkonsum verloren

«Sucht Schweiz» meint damit aber nicht nur den Tabak, sondern auch den Alkohol. Der Konsum von Alkohol sei in der Schweizer Gesellschaft akzeptiert. Dies zeigten Konsumzahlen, die sich in jüngster Zeit kaum verändern. So wurde im letzten Jahr in der Schweiz mit 8,1 Litern reinen Alkohols fast gleich viel getrunken wie im Jahr zuvor.

Gemäss dem Suchtmonitoring trinken dabei 21 Prozent der Schweizer Bevölkerung risikoreich Alkohol – eine Viertelmillion habe die Kontrolle über den Alkoholkonsum verloren. Gemäss «Sucht Schweiz» sterben 1600 Personen jährlich wegen Alkoholmissbrauchs.

Von der schwachen Regulierung profitiere auch die öffentliche Hand. Sie verdient an den Spielsüchtigen. Schätzungsweise 75'000 Menschen in der Schweiz sind spielsüchtig. Die sozialen Kosten der Spielsucht in der Schweiz werden auf 551 bis 648 Millionen Franken pro Jahr geschätzt.

«Sucht Schweiz» fordert nun, dass beim neuen Geldspielgesetz, das im Frühling vom Nationalrat beraten wird, der Spielerschutz ebenso stark gewichtet wird wie die Interessen der Geldspielanbieter. Allerdings befürchtet «Sucht Schweiz», dass mit der geplanten Zulassung von ausländischen Internetportalen für Geldspiele «ein unkontrollierbarer Schwarzmarkt weiter besteht und der Schutz der Spieler und Spielerinnen auf der Strecke bleibt».

Spielerschutz im Geldspielgesetz

Der Ständerat hatte im vergangenen Sommer schon die Einführung einer Spielsuchtabgabe für die Betreiber von Casinos abgelehnt. Auch eine Sicherstellung der Alterskontrolle an Spielautomaten fiel durch.

Das neue Gesetz soll einerseits besser vor Spielsucht und Wettmanipulationen schützen. Zugleich sollen aber Casinos neu auch Geldspiele im Internet anbieten dürfen. Online-Geldspiele bergen gemäss Sucht Schweiz besondere Risiken. «Sie sind Tag und Nacht zugänglich und der Jugendschutz kann leicht umgangen werden.»

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