Der Oktober gehört in der Weinregion Mont Vully nördlich des Murtensees der Traubenlese. Dies ist seit Jahrhunderten so und hat sich bis heute nicht geändert. Abgesehen davon ist jedoch viel in Bewegung, seit der 23-jährige Florian Chervet in den Winzerbetrieb der Eltern in Praz FR eingestiegen ist. Beispielsweise die Sache mit dem «Orange Wine».
«Ich bin gerade an einem neuen Experiment», sagt Florian Chervet. Er steht in einem hellen Raum, Neonlicht an der Decke, Eichenfässer liegen neben modernen Chromstahlkesseln. Im Fass vergären die Weissweintrauben zusammen mit den Beerenschalen, also der Maische.
Damit will Chervet die Farbe, das Tannin und die Struktur aus den Trauben herausholen. Bei diesem Vergärungsprozess wird CO₂ produziert, und dieses treibt die Trauben an die Oberfläche. Momentan ist er daran, die Trauben von der Oberfläche wieder hinunter in den Saft zu stossen.
Am Ende dieses Prozesses steht oranger Wein, der häufig auch als «Orange Wine» betitelt wird. Er ist dunkelgelb bis orange und meistens etwas trüb. Ein Weisswein, der wie Rotwein hergestellt wird.
«Ich selber bin nicht Fan von diesem Orange Wine.» Das sagt der Vater Jean-Daniel Chervet. Aber er scheine momentan voll im Trend zu sein. «Die Jungen wollen diesen orangen Wein nun ausprobieren, also lassen wir sie machen.» Er selbst habe auch davon profitiert, dass ihn sein Vater habe machen lassen, als er im Betrieb eingestiegen ist.
Das Ziel ist, dass der Vater den orangen Wein mag.
Noch verkaufen sie keinen orangen Wein. «Wir sehen dann in einem Jahr, was bei diesem Experiment herauskommt», so der Vater. Das Ziel des Sohnes ist klar: «Dass der Vater den orangen Wein mag.»
Die Mont Vully-Weinregion ist eines der kleinsten Anbaugebiete der Schweiz. Auf ungefähr 160 Hektaren werden Reben angebaut, das ist ein Prozent der Schweizer Rebenfläche. Zwei Drittel der Weinstöcke stehen auf Freiburger, ein Drittel auf Waadtländer Boden.
«Im Gebiet des Mont Vully übernehmen aktuell viele junge Winzerinnen und Winzer das Zepter», sagt Joanna Rouiller, Direktorin der Winzervereinigung Vully. Meistens sei es der Sohn oder die Tochter, die den Familienbetrieb übernehme.
Die jungen Leute hätten in Weinanbaugebieten im In- und Ausland viele Erfahrungen gesammelt und seien nun voller Ideen, so Rouiller. Und: «Wir haben eine tolle Stimmung unter den Winzern in der Region Vully.» Die Solidarität sei gross, man helfe einander und tausche sich aus.
Wenig Verständnis für Social Media
«Dank der Jungen haben wir eine gute Mischung zwischen Tradition der älteren Generation und Innovation und Kreativität der jüngeren Generation», sagt Rouiller.
Ein junger Winzer voller neuer Ideen – das kann auch mal zu Diskussionen zwischen Jung und Alt führen. «Wenn ich etwas filme für einen Beitrag für Social Media, fehlt manchmal das Verständnis», so Florian Chervet. Aber wenn der Vater dann das Ergebnis sehe, sei er dann doch zufrieden.