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Welterbe im Engadin Grosse Ehre für Engadiner Blockgletscher

Von aussen sind sie unscheinbar, aber eigentlich sind sie ein verstecktes Juwel. Die Engadiner Blockgletscher.

Neu gehören sie in die Gilde der 100 geologischen Welterbestätten. Sie wurden von der International Union of Geological Sciences auserkoren und dürfen sich nun neben Berühmtheiten einreihen wie dem Zuckerhut in Brasilien oder dem Grand Canyon in Amerika.

Nicht auf den ersten Blick erkennbar

Als der Glaziologe Felix Keller von der Academia Engiadina in Samedan von der Auszeichnung hört, kommen ihm fast die Tränen vor Rührung: «Das ist eine riesige Freude. Endlich bekommen die Blockgletscher internationale Aufmerksamkeit. So wird auch das Thema Permafrost, welches ein wichtiges Charakteristikum für die Alpen darstellt, noch mehr ins Zentrum gerückt.»

Endlich bekommen die Blockgletscher internationale Aufmerksamkeit.
Autor: Felix Keller Glaziologe

Schon seit fast 40 Jahren beschäftigt sich Felix Keller mit dem Phänomen der Blockgletscher. Sie sind für Laien nicht auf den ersten Blick erkennbar. Im Gegensatz zu den Eis-Gletschern bestehen Blockgletscher aus einem Schutt-Eis-Gemenge, welches sich im aktiven Zustand langsam hangabwärts bewegt. Die Oberfläche besteht aus groben Gesteinsblöcken, der Untergrund aus eishaltigem Permafrost. Im Engadin existieren rund 300 Blockgletscher, die von Wanderinnen und Wandern oft verkannt werden, da man sie für Geröllansammlungen hält.

Der am besten erforschte Blockgletscher der Welt

Es geht aber bei der Auszeichnung nicht unbedingt um die Schönheit der Blockgletscher, sondern um wissenschaftliche Erkenntnisse. Der Blockgletscher Murtèl beim Piz Corvatsch ist der am besten erforschte Blockgletscher der Welt. Hier wurde 1987 das weltweit erste Bohrloch gemacht. Seither werden die Messdaten in verschiedenen Tiefen permanent beobachtet und analysiert.

Die letzten Sonnestrahlen beleuchten den Nordostgrat des Piz Murtèl und Piz Corvatsch sowie die Gipfel der Sellagruppe.
Legende: Die letzten Sonnestrahlen beleuchten den Nordostgrat des Piz Murtèl und Piz Corvatsch sowie die Gipfel der Sellagruppe im Hintergrund. Archiv/KEYSTONE/Arno Balzarini

Für Isabelle Gärtner, Geomorphologin an der Universität Zürich, bedeutet die Auszeichnung viel: «Das ist eine grosse Ehre für alle, die an Blockgletschern arbeiten, denn das ist ein Bereich, an welchem noch nicht so lange geforscht wird. Es gibt hierzu noch nicht so lange Messungen. Diese sind jedoch sehr wichtig, um die grundlegenden Prozesse zu verstehen.» Zudem hofft die Wissenschaftlerin, so noch besser an Forschungsgelder zu kommen.

Leichte Erwärmung

Auf die Frage, wie es dem Permafrost in den Blockgletschern geht, antwortet der Glaziologe Felix Keller einigermassen gelassen: «Erstaunlicherweise gut! Die Erkenntnisse zeigen: Die Blockgletscher haben sich in rund 20 Metern Tiefe nur leicht erwärmt.»

Zwei Personen blicken auf einen Blockgletscher
Legende: Die Schweizer Alpenlandschaft und die Erforschung des Hochgebirgspermafrosts erhält nun internationale Aufmerksamkeit. SRF

Trotzdem deutet das Monitoring von Blockgletschern langfristig auf eine deutliche Erwärmung des Permafrostbodens hin. Ob es die Blockgletscher in 1000 Jahren noch gibt, sei dahingestellt: «Das kommt ganz darauf an, ob es der Menschheit gelingt, das Klimaproblem zu lösen und wie gut die Blockgletscher vor der Sommerwärme geschützt werden können.»

Kein Tourismusmagnet

Touristisch lässt sich das neue Label «First 100» wohl nicht wirklich nutzen, obwohl die Auszeichnung ein wenig verglichen werden kann mit dem «Unesco-Welterbe». Wenn Felix Keller im Engadin mit Wanderinnen und Wandern Touren in den Bergen unternimmt, zeigt er ihnen jeweils die Blockgletscher. Das Aha-Erlebnis sei dann immer sehr gross.

Das Aha-Erlebnis ist immer sehr gross.
Autor: Felix Keller Glaziologe

«Zu wissen, was sich unter dem Felsgeröll versteckt, fasziniert», erklärt der Glaziologe und verweist auf den Klimaweg in Muottas Muragl, welcher interessierten Personen auf 15 Tafeln Auskunft darüber gibt, wie sich die Klimaveränderungen in den Bergen auswirkt.

 

 



Tagesschau, 26.11.2022, 19:30 Uhr

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