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Dorothea Schaffner
Legende: Dorothea Schaffner ist Professorin an der Hochschule Luzern. hslu

Wenig Interesse an Carpooling «Der Problemdruck ist nicht gross genug»

Auf den Strassen wird der Verkehr immer dichter. Mitfahrprojekte wären die Lösung, sagt Psychologin Dorothea Schaffner. Bloss: In der Schweiz setzt sich die Idee nicht durch.

SRF News: Sie forschen auf dem Gebiet des Konsumentenverhaltens. Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit Carpooling funktioniert?

Dorothea Schaffner: Unsere Studien haben verschiedene Dinge aufgezeigt. Sicher wichtig ist, dass das System praktisch und einfach zugänglich ist. Sobald es kompliziert wird, hat man keine Lust mehr, sich damit auseinanderzusetzen. Was auch wichtig ist, ist, dass man eine gewisse Sicherheit und ein Vertrauen aufbauen kann. Gerade das Vertrauen zwischen den Parteien ist – im Falle von Carpooling der Person, die fährt, und den Mitfahrenden – etwas ganz Wichtiges.

Die Befragten haben erwähnt, dass es für sie wichtig ist, günstiger von A nach B fahren zu können.

Was muss man den Menschen bieten, damit sie Carpooling nutzen?

Ein intuitiv logisches System, auf das man einfach Zugriff hat, ist sicher die Grundlage. Was Vertrauen schafft, sind Reviews, also Bewertungen durch Kundinnen und Kunden, die bereits mit jemandem mitgefahren sind. Um so ein System zum Laufen zu bringen, braucht es einen gewissen Initialaufwand. Und es sind sicher auch die neuen Technologien, Soziale Medien, die Verbreitung von Smartphones, die das Carpooling unterstützten und überhaupt ermöglichen.

Wenn es darum geht, den Menschen einen Anreiz zu geben, ihr Verhalten zu ändern, stellt sich immer die Frage: Muss man es belohnen, muss man es finanziell unterstützen? Unsere Forschung hat verschiedene Richtungen aufgezeigt: Einerseits haben die befragten Personen erwähnt, dass es für sie wichtig ist, dass sie günstiger von A nach B fahren können. Andererseits hat sich auch gezeigt, dass es ihnen sehr wichtig ist, dass dieses Verhalten ihren Wertvorstellungen entspricht. Viele haben gesagt, dass sie das tun, um die Umwelt zu schützen, sich nachhaltiger zu verhalten und weniger zu konsumieren.

Es gibt in der Schweiz bereits verschiedene Angebote. Dennoch wird Carpooling noch kaum genutzt. Weshalb ist das so?

Einerseits ist das vielleicht einfach so, weil es neu ist; eine Innovation, mit der die Menschen erst lernen müssen, umzugehen. Es gibt aber auch Gründe, die spezifisch auf die Schweiz zutreffen und die Expertengespräche bestätigten: Die Schweiz ist ein relativ reiches Land. Der finanzielle Anreiz, Carpooling zu nutzen, ist nicht so gross wie in anderen Ländern. Die Strassen sind nicht so verstopft, der Stau wahrscheinlich nicht ganz so schlimm, der Problemdruck nicht so gross.

Und ein ganz wichtiger Grund aus unserer Sicht ist, dass das Angebot von Seiten des öffentlichen Verkehrs sehr gut ist. Man ist nicht unbedingt auf Carpooling angewiesen, wenn man ökologisch unterwegs sein möchte. Man kann auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln relativ entfernte Orte der Schweiz gut erreichen.

Das Gespräch führte Ruth Wittwer.

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