Alp Surenen, Kanton Uri. Weitab vom Schuss weiden zottelige Rinder im saftigen Grün. Rund 630 Tiere sind es an der Zahl. Das Gebiet gehört zu den grössten Rinderalpen in der Schweiz.
Gehegt und gepflegt werden die Tiere von Caroline und Sven Schmid. Seit acht Sommern, jeweils rund 100 Tage lang. Daneben betreiben sie eine Beiz und stellen Alpkäse her. Eine der grössten Herausforderungen im Alltag: die Schlegelfäule, eine Klauenkrankheit, die Rinder lahmen lässt und ihnen auf den Magen schlägt.
«Die Behandlung ist intensiv», sagt Caroline Schmid. Antibiotika spritzen, Wunde versorgen, Klauen schneiden. Und dies zwei- bis dreimal pro Tag. Im weitläufigen und steilen Gebiet eine aufwendige Sache. «Jedes zusätzliche kranke Tier kostet Zeit.»
Sie sind auf der Alp Surenen zuhause
Um der Krankheit vorzubeugen und den Einsatz von Medikamenten zu reduzieren, hat das Hirtepaar bei einem Pilotversuch mitgemacht. Die Universität Bern und das Laboratorium der Urkantone haben diesen wissenschaftlich begleitet.
Nun liegen die Resultate vor – und stimmen zuversichtlich: Heuer litten rund 40 Tiere unter der Klauenkrankheit. Vor dem Start des Projekts waren es noch rund 100.
Spitzige Steine und Schlamm erhöhen das Risiko
Wie ist dies gelungen? Die Expertinnen und Experten eruierten, wo die Gefahrenherde lauern. Dafür muss man wissen: Schlegelfäule wird von Bakterien verursacht, die über Wunden oder Verletzungen an den Klauen oder Fesseln in die Tiere eindringen.
Für den erfolgreichen Projektverlauf mussten Caroline und Sven Schmid daher wortwörtlich Steine aus dem Weg räumen, vor allem die spitzigen. Weiter hat die Korporation Uri als Besitzerin des Alpbetriebs eine steile, enge Steintreppe vor einer Brücke durch einen breiten Kiesweg ersetzt und die Böden vor Tränkestellen betoniert. Denn im feuchten, morastigen Untergrund können Bakterien länger überleben.
Hier lauern die Gefahren
Für unruhige, kranke oder trächtige Tiere richtete das Hirtepaar zudem separate Weiden ein. Sven Schmid sagt: «Die Trennung bedeutet für mich zwar Mehrarbeit, aber dafür ist es danach einfacher, die Tiere zu kontrollieren.»
Weitere Rinderalpen sollen profitieren
Es seien einzelne Massnahmen, die in der Summe eine grosse Wirkung erzielten, sagt Damian Gisler, Leiter des Urner Landwirtschaftsamts. Davon sollen auch Verantwortliche weiterer Rinderalpen profitieren. «Wir haben Grundlagen erarbeitet, die eine Breitenwirkung haben.» Dazu gehören unter anderem ein Merkblatt zur Prävention und ein Lernvideo.
Hirten laufen tagein, tagaus kilometerweit. Das Letzte, was man da noch braucht, ist ein krankes Tier.
Ganz wird sich die Schlegelfäule allerdings nicht ausrotten lassen. Denn die Erreger kommen auf der Haut gesunder Rinder vor. Überdies sind die Bakterien auch im Verdauungstrakt zu finden und werden mit dem Kot ausgeschieden. Dennoch: Dass sich die Klauenkrankheit mit organisatorischen und baulichen Massnahmen eindämmen lässt, wird in Alpkreisen als wichtiger Schritt gewertet.
Kurt Schuler etwa, Präsident der Korporation Uri und somit der grössten Landbesitzerin im Kanton, hofft, dass die Erkenntnisse die Hirten entlasten. Und dass sie deren Arbeit wieder attraktiver machen. Denn die Suche nach geeignetem Personal gestalte sich schwierig. «Hirten laufen tagein, tagaus kilometerweit und kommen an ihre Grenzen. Das Letzte, was man da noch braucht, ist ein krankes Tier.»
Hirtin Caroline Schmid jedenfalls zieht eine positive Bilanz. Der Pilotversuch habe ihren Alltag erleichtert. Der neunte Alpsommer kann kommen.