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Weniger Asylgesuche in Europa Warum der Schweizer Asylbereich weniger entlastet wird als Europa

Die Zahl der Asylanträge ist im ersten Halbjahr 2025 europaweit deutlich zurückgegangen. Insgesamt wurden in den 29 sogenannten EU+-Ländern 399'000 Asylgesuche gezählt, das sind etwa 23 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2024. Zu den 29 EU+-Staaten zählen die EU-Mitglieder, Norwegen und die Schweiz. Der Rückgang zeigt sich in der Schweiz allerdings weniger stark. SRF-Inlandredaktor Matthias Strasser erklärt, wieso.

Matthias Strasser

Inlandredaktor

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Matthias Strasser ist Inlandredaktor und seit 2019 für Radio SRF tätig. Davor hat der Historiker als Bundeshauskorrespondent für private Radiostationen berichtet. Seine Fachgebiete sind Europapolitik, Verkehr und Migration.

Wieso ist die Zahl der neuen Asylgesuche europaweit um fast einen Viertel zurückgegangen?

Der wichtigste Grund ist laut der EU-Asylagentur EUAA in Malta der Machtwechsel in Syrien. Nach der Absetzung des Regimes um Langzeit-Machthaber Bashar al-Assad machen sich deutlich weniger Menschen auf den Weg nach Europa. Syrien ist damit in Europa nicht mehr das wichtigste Herkunftsland. Auch die Gesuche von Menschen aus anderen Ländern gehen tendenziell zurück.

Deutschland ist nicht mehr das wichtigste Zielland. Wo werden aktuell am meisten Asylgesuche gestellt?

Am meisten Gesuche registrierten Frankreich und Spanien, gefolgt von Deutschland. Auch das hat mit der Entwicklung in Syrien zu tun – von dort wollten viele Menschen nach Deutschland. Nun wurde das Land erstmals seit über zehn Jahren als wichtigstes Zielland abgelöst. Die Verschiebung hängt damit zusammen, dass neu viele spanisch sprechende Menschen aus Venezuela nach Europa flüchten, vor dem Regime von Nicolas Maduro. 94 Prozent der Menschen aus Venezuela stellten ihr Asylgesuch in Spanien.

Wie haben sich die Zahlen in der Schweiz entwickelt?

Auch die Schweiz registriert bislang im laufenden Jahr weniger Asylgesuche, der Effekt ist aber weniger stark als im übrigen Europa. Im ersten Halbjahr 2025 wurden 11’641 Gesuche registriert, knapp 18 Prozent weniger als in der Vorjahresperiode. Das Staatssekretariat für Migration SEM hält fest, der Rückgang sei dort am stärksten, wo bislang viele Syrerinnen und Syrer ihr Gesuch stellten, etwa in Deutschland, Österreich oder Griechenland. In der Schweiz machten syrische Asylgesuche in der Vergangenheit nur einen kleinen Anteil der Gesuche aus – entsprechend klein ist jetzt auch der Entlastungseffekt.

Es kommen mehr Menschen aus Südamerika nach Europa. Inwiefern betrifft das die Schweiz?

Nur begrenzt. Aus sprachlichen Gründen bleiben viele Geflüchtete aus Südamerika in Spanien und wandern nicht weiter. Das SEM hält zu Syrien und Venezuela auf Anfrage fest: «Diese beiden Entwicklungen betreffen uns nicht direkt.» Grosse Verschiebungen bei der Sekundärmigration innerhalb Europas erwartet der Bund deshalb nicht.

Gruppe von Menschen, darunter Kinder, auf einem Weg.
Legende: Wohin? Woher? Deutschland ist nicht mehr erstes Zielland für Asylsuchende in Europa. Die Zahl der Menschen, die aus Südamerika nach Spanien fliehen, steigt. (Archivbild, 2015) AP / MARTIN MEISSNER

Von grösserer Bedeutung für die Schweiz ist der Rückgang der Gesuche von Menschen, die via Türkei flüchten. Die Gesuche von Menschen aus Iran, Irak, aus der Türkei selbst sowie – weniger stark ausgeprägt – aus Afghanistan seien rückläufig. Das SEM führt dies auf ein verschärftes Vorgehen der türkischen Behörden gegen irreguläre Migrantinnen und Migranten zurück.

Wie wird sich die Zahl der Asylgesuche in der Schweiz entwickeln?

Erfahrungsgemäss steigen die Zahlen im Spätsommer und Herbst an. Das dürfte laut SEM auch dieses Jahr der Fall sein. Der Bund rechnet für das laufende Jahr weiterhin mit 24'000 Asyl- und 12'000 Status-S-Gesuchen. Das wären etwa 14 Prozent weniger als vergangenes Jahr, als knapp 28'000 Asylgesuche in der Schweiz gestellt wurden.

SRF4 News, 8.9.2025, 09 Uhr ; 

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