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Werden Zeitlimiten umgangen? Ärzte verrechnen deutlich mehr Konsultationen

  • Die Zahl der Arztbesuche hat in der Schweiz im ersten Halbjahr 2018 um 11 Prozent zugenommen.
  • Damit sollen Hausärzte die seit Anfang Jahr geltenden Zeitlimiten für einzelne Konsultationen umgehen, berichtet der Sonntagsblick.
  • Krankenkassenvertreter reagieren mit Unverständnis und sprechen von einer «Selbstbedienungsmentalität» unter den Ärzten.
  • Der Haus- und Kinderärzteverband weist die Vorwürfe zurück. Es gebe keinerlei Hinweise darauf, das seine Mitglieder Patienten häufiger aufböten.

Maximal 20 beziehungsweise 30 Minuten pro Sitzung dürfen Ärzte seit Anfang des Jahres in der Regel noch aufwenden. Das entschied Bundesrat Alain Berset, um im Gesundheitswesen Kosten zu sparen.

Dieser Plan geht aber offenbar nicht ganz auf. Laut einem Bericht des Sonntagsblick belegen Zahlen des Krankenkassenverbandes Santésuisse zwar, dass die Kosten pro Arztkonsultation im ersten Halbjahr 2018 tatsächlich gesunken sind. Gleichzeitig würden aber mehr Konsultationen verrechnet. Ein Nullsummenspiel.

Ärzte «nutzen den Spielraum des Systems»

Verrechnen die Ärzte also einfach mehr Konsultationen, um trotz Zeitlimiten ihre Honorare zu halten? Für die allermeisten Ärzte stellten die Zeitlimiten tatsächlich ein Problem dar, heisst es beim Verband der Haus- und Kinderärzte (MFE). Viele könnten damit nicht mehr alle erbrachten Leistungen verrechnen.

41 Prozent der Ärzte geben laut dem Artikel in einer Santésuisse-Studie denn auch an, «auf andere Tarifpositionen auszuweichen». Das heisse aber nicht, dass sie etwas illegales machen, heisst es beim MFE. Sie nutzten einfach «den Spielraum innerhalb des Systems», um die tatsächlich erbrachten Leistungen abrechnen zu können, wird der Verband MFE zitiert.

Ärzteverband stellt Zunahme der Konsultationen in Frage

Den Anstieg Konsultationen um 11 Prozent stellt der Ärzte-Verband grundsätzlich in Frage. «Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass Haus- und Kinderärzte Patientinnen und Patienten häufiger aufbieten», heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme. Entsprechende Zahlen seien noch nicht verfügbar und die Grundlagen für die vom Sonntagsblick publizierten Santésuisse-Zahlen unbekannt. Deshalb bleibe auch «im Dunkeln, welche Ärzte für den behaupteten Anstieg verantwortlich sein sollen».

Angesichts des Haus- und Kinderärztemangels fehlten sowieso die Kapazitäten, um häufiger Konsultationen durchzuführen. «Die angebliche Zunahme der Konsultationen pauschal den Haus- und Kinderärzten anzulasten, ist schlicht unseriös», schreibt der Verband.

«Skandalöse Selbstbedienungsmentalität»

Santésuisse-Geschäftsführerin Verena Nold dagegen gibt sich gegenüber dem Sonntagsblick schockiert: «Das übertrifft unsere schlimmsten Befürchtungen.» Die Hausärzte machten zwar «grundsätzlich gute Arbeit», das Ergebnis der Studie sei jedoch skandalös. «Das zeugt von einer unglaublichen Selbstbedienungsmentalität», leidtragende seien die Patienten aufgrund höherer Prämien.

Der Verband MFE dagegen fordert laut dem Artikel, die Zeitlimiten wieder abzuschaffen. Diese berücksichtigten den Aufwand für Koordinationsarbeit wie das Schreiben von Berichten oder Telefonate mit Eltern und Schulen viel zu wenig. «Die ärztliche Leistung muss in einem Tarif korrekt abgebildet werden», heisst es in der Stellungnahme. Das Bundesamt für Gesundheit will jedoch zunächst am jetzigen System festhalten. Man sammle derzeit eigene Daten, die 2019 ausgewertet sein sollen.

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