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Wie im Weltraum Ärztin forscht ein Jahr in der Antarktis für eine Weltraummission

Die Berner Ärztin Jessica Studer forschte unter Extrembedingungen für die Europäische Weltraumagentur (ESA). Wie sie die Zeit in einer der isoliertesten Regionen der Erde erlebt hat und wie das künftigen Weltraummissionen helfen soll.

Die Forschungsstation «Station Dome Concordia» liegt auf einem Hochplateau mitten im antarktischen Eis, 1000 Kilometer von der Küste entfernt. «Wenn man aus dem Fenster blickt, sieht man eine unendliche Fläche an Eis», beschreibt die 34-jährige Berner Ärztin Jessica Studer die Umgebung rund um die Forschungsstation.

«Man fühlt sich teilweise alleine und sehr weit entfernt von unserer Welt. Man kommt sich ein bisschen vor wie auf einem anderen Planeten.»

Wie auf einem anderen Planeten: Die Forschungsstation Concordia

Gemeinsam mit einer zwölfköpfigen Crew verbrachte Studer ein Jahr in dieser extremen Umgebung. In der Nacht kann es durchaus minus hundert Grad Celsius kalt werden. So kalt, dass das Team bei einem medizinischen Notfall nicht gerettet werden könnte, denn kein Flugzeug kann bei diesen Temperaturen landen und wieder abheben. Man ist isolierter als im Weltraum. Während der Polarnacht herrscht zudem lange Dunkelheit.

Sternenhimmel über einem Gebäude bei Nacht.
Legende: Im Winter zeigt sich die Sonne nie, es ist 24 Stunden am Tag dunkel. zvg / ESA / IPEV / PNRA

Das sind ideale Bedingungen, um zu erforschen, welche Auswirkungen Isolation und Dunkelheit auf den menschlichen Körper haben. Erkenntnisse, die künftigen Missionen im Weltall helfen sollen.

Psychische und physische Herausforderungen

«Es sind grosse Herausforderungen, die sowohl psychisch als auch physisch anstrengend sind», erklärt Studer. «Es gibt Stressmomente, es gibt depressive Momente, man ist isoliert von der Welt.»

Die Forscherin führte dazu mehrere Tests an der Crew, aber auch an sich selbst durch und beobachtete, wie sich Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Erinnerung oder Orientierung über das Jahr veränderten.

«Es ist interessant, wie vor allem die kognitiven Fähigkeiten abnehmen.» Das sei wichtig zu wissen, wenn man eines Tages zum Mars fliegen wolle und dies eine Mission von zwei bis drei Jahren werden könnte.

So hat die Ärztin in der Antarktis geforscht

Diese Erkenntnisse sind jedoch nicht nur für die Raumfahrt relevant. Studer sieht auch Anwendungsmöglichkeiten in der Forschung über Alzheimer oder Parkinson.

Zudem wurden in der Station neue medizinische Technologien getestet, die in abgelegenen Regionen der Erde zum Einsatz kommen könnten: Ultraschall oder MRI. Sie hätten das erste portable MRI ausführen und die ersten Schnittbilder vom Gehirn machen dürfen.

Der Drang nach Neuem

Die extreme Isolation hatte aber auch positive Aspekte. «Man ist nicht mit Alltagskonflikten beschäftigt, sondern beschäftigt sich wirklich nur mit dem, was man gerade tut. Das bringt Ruhe und Gelassenheit.»

Ich wünsche mir, wieder in diese Welt entfliehen zu können.
Autor: Jessica Studer Forschungsärztin

Trotz der Herausforderungen würde Studer jederzeit wieder in die Antarktis zurückkehren. «Ich wünsche mir teilweise sogar, wieder in diese Welt entfliehen zu können», gesteht sie.

Studers Weg zur Weltraummedizin war ungewöhnlich. Ursprünglich studierte sie klassische Musik und arbeitete als Musiklehrerin, bevor sie sich für ein Medizinstudium entschied. «Mich haben das Unbekannte und das Extreme immer interessiert», sagt die 34-Jährige.

Projekt Asclepios – Eine Weltraummission in der Schweiz

«Ich hatte schon immer einen Drang, Forschung in etwas zu betreiben, das die Menschheit weiterbringt.» Etwas alleine sei ihr nie genug gewesen, weshalb sie zur Weltraummedizin gekommen sei.

Das sei nicht immer einfach gewesen, aber die Zeit in der Antarktis habe sie bestärkt: «Nach dieser Erfahrung kann ich sagen, ich habe den richtigen Weg eingeschlagen.» Nun plant sie, ihre Karriere in der Weltraum- und Luftfahrtmedizin in den USA fortzusetzen.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 23.2.2025, 17:30 Uhr

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