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Wintersession 2023 «Müssen über Behindertenpolitik mitentscheiden»

Am Montag startete im Bundeshaus die Wintersession. Für Islam Alijaj und Philipp Kutter im Rollstuhl ist es die erste.

Andere Nationalräte und Ständerätinnen zücken beim Eingang ihren Badge und treten ein ins Bundeshaus. Der neu gewählte SP-Nationalrat Islam Alijaj dagegen muss klingeln. Mitarbeiter des Bundesamts für Polizei öffnen ihm die Türe und lassen ihn herein.

Der 37-jährige Zürcher hat eine Zerebralparese und sitzt deshalb im Rollstuhl.

Sprachassistentin als Unterstützung im Parlament

Alijaj kennt die Parlamentsarbeit aus dem Zürcher Gemeinderat, auch im Bundeshaus war er schon mehrmals. Die Umgebung ist für ihn daher nicht neu. In seiner Rolle als Nationalrat ist er aber zum ersten Mal hier.

«Das ist speziell und ich freue mich schon auf die Arbeit», sagt er. Und kurz bevor die Debatte im Nationalratssaal losgeht, lacht er herzlich: «Ich fühle mich pudelwohl.»

Islam Alijaj fährt mit seinem Rollstuhl aus dem Zug heraus, ein Angestellter der Bahnhofshilfe assistiert.
Legende: Angereist von Zürich ist Islam Alijaj mit dem Zug. SRF/Mayra Schmidt

Ein paar Stunden zuvor während der Anreise im Zug sagt Alijaj, er sei ziemlich aufgeregt. Denn er wisse nicht wirklich, was auf ihn zukomme. Dabei ist Vorbereitung wichtig für ihn. Am ersten Sessionstag in Bern begleitet ihn unter anderem eine Sprachassistentin, die seine Sätze wiederholt. So, dass ihn alle richtig verstehen.

Das Bundeshaus ist bereits ziemlich zugänglich

Ein weiterer Zürcher, Philipp Kutter, ist bereits seit fünf Jahren für die Mitte-Partei im Nationalrat. Seit einem Skiunfall im letzten Februar ist der 48-Jährige vom Hals abwärts gelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen.

Damit habe sich für ihn einiges verändert, sagt er. Im Bundeshaus hätten ihn seine Kolleginnen und Kollegen gut aufgenommen: «Ich habe das Gefühl, es haben alle Freude, dass ich wieder hier bin.» Auch er selbst freue sich.

Alle sind sehr hilfsbereit und das hilft mir natürlich.
Autor: Philipp Kutter Mitte-Nationalrat aus Zürich

Nach mehreren Monaten Reha im Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil sitzt Philipp Kutter im Nationalratssaal nun an einem neuen Platz in der hintersten Reihe. Er ist besser zugänglich als der alte.

Sowieso sei das Bundeshaus bereits ziemlich gut ausgerüstet, was Barrierefreiheit angehe. Und er sagt: «Alle sind sehr hilfsbereit, das hilft mir natürlich.»

Aufgefallen sei ihm aber, dass gewisse Gänge zu schmal seien für den Rollstuhl. Und beim Rednerpult im Nationalratssaal brauche es noch einige Anpassungen.

Philipp Kutter mit seiner Frau Anja Kutter und Mitte-Nationalrat Philipp Bregy im Nationalratsaal.
Legende: Philipp Kutter bei seiner Rückkehr ins Parlament mit seiner Frau Anja Kutter und Parteikollege Philipp Bregy. Keystone/Peter Klaunzer

Wie Alijaj benötigt auch Philipp Kutter eine Assistenzperson, die ihn in gewissen Dingen unterstützt. Und er brauche auch eine spezielle Ausrüstung.

Das werde einiges kosten. Wie viel, weiss Kutter noch nicht. Aber: «Einen Teil davon werde ich selbst berappen.» Das Parlamentsbüro habe jedoch angekündigt, dass es sich finanziell beteiligen werde.

In der Politik gibt es Aufholbedarf

Während im Bundeshaus schon viel klappt, gebe es in der Politik aber noch viel Handlungsbedarf, sagt Kutter. Zum Beispiel, was den öffentlichen Verkehr anbelange. «Bei der Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr sind wir im Hintertreffen.» In der Verkehrskommission wolle er sich deshalb dafür einsetzen, dass die restlichen Hürden beseitigt werden.

Auch SP-Nationalrat Islam Alijaj hat viel Elan. Er sagt: «Wir Menschen mit Behinderungen müssen mitentscheiden über die Behindertenpolitik.» Dass er im Nationalrat nun die Chance dazu erhält, bedeutet ihm viel.

Hotelzimmer statt Wohnung

Anders als früher übernachtet Philipp Kutter während der Session nicht mehr in der kleinen Wohnung in Bern, in der er bisher untergemietet war. Mit dem Rollstuhl ist sie für ihn nicht mehr zugänglich. Nun hat er sich ein Zimmer in einem Hotel genommen – ein barrierefreies.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 5.12.2023, 17:30 Uhr ; 

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