Rund hundert Entscheide von Parlament und Bevölkerung hat der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsfähigkeit analysiert.
Die Bilanz sei ernüchternd, sagt Rudolf Minsch, Chefökonom des Verbands. Er spricht von «Stillstand, Treten am Ort». Währenddessen hätten andere Länder ihre Standortbedingungen verbessert.
Wettbewerbsfähigkeit leidet
Zwar habe es auch in der Schweiz einzelne Fortschritte gegeben. So seien etwa neue Freihandelsabkommen mit den Philippinen, Georgien, Ecuador und Indonesien unterschrieben worden. Auch bei der Bildung sei man vorangekommen.
Negativ wertet der Wirtschaftsdachverband hingegen eine Zunahme der Bürokratie, welche eine Folge der Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative sei. Stillstand herrsche zudem bei der Europapolitik und bei der Aktienrechtsrevision. Das alles habe dazu geführt, dass die Schweiz in den Ranglisten zur Wettbewerbsfähigkeit zurückfalle, warnt Economiesuisse.
Wo bleibt der Einfluss von Economiesuisse?
Die durchzogene Bilanz ist auch ein schlechtes Zeugnis für den Wirtschaftsdachverband selber, der traditionell eine gewichtige Stimme in der Wirtschaftspolitik ist. Ausserdem haben die Bürgerlichen vor vier Jahren im Parlament zugelegt und ihre Mehrheit ausgebaut. Hätte sich Economiesuisse deshalb nicht mehr Gehör verschaffen können?
«Offenbar konnte sich die bürgerliche Mehrheit nicht immer durchsetzen», stellt Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl fest. Zudem sei es bei einigen Entscheiden des Parlaments zu unheiligen Allianzen zwischen SP und SVP gekommen. «Das tut der Schweizer Politik nicht gut.» Das neue Parlament, das im Herbst gewählt wird, müsse die Blockade überwinden.
Druck mit Internetplattform aufbauen
Der Wirtschaftsdachverband hat einen ganzen Katalog an Forderungen vorgelegt: Verhinderung einer Steuerharmonisierung unter den Kantonen, eine digitalisierte Verwaltung und eine elektronische Identität, Weg frei für Mobilfunknetze der fünften Generation sowie eine Reform der Altersvorsorge.
Dazu hat Economiesuisse eine Internetplattform eingerichtet mit dem Namen elections.ch. Dort können Politik-Interessierte einen Fragebogen zur Wirtschaftspolitik ausfüllen und ihre Übereinstimmung mit den Positionen des Wirtschaftsdachverbands testen. Davon erhoffe man sich eine erhöhte Sensibilisierung für wirtschaftspolitische Anliegen, so Rühl. «Und entsprechend einen höheren Einsatz von Politikerinnen und Politikern.»
Angesichts der weitgehenden Ziele des Verbandes wirkt diese Massnahme etwas hilflos. Doch Economiesuisse wird in der nächsten Legislatur weiterhin als Lobbyistin in und ausserhalb des Bundeshauses unterwegs sein. Mit welchem Erfolg wird sich weisen.