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Wohnungsnot im Kanton Zürich In jedem siebten Einfamilienhaus wohnt nur eine Person

Es bleibt für viele Schweizerinnen und Schweizer ein Traum: Das Einfamilienhaus mit Umschwung, wo die Kinder ungestört herumspringen können. Das genügend Platz bietet für einen Sitzplatz und einen Gemüsegarten. Doch dieser Traum ist aufgrund der aktuell hohen Immobilienpreise für viele schwer erreichbar – und rückt noch weiter in die Ferne. Das schreibt die Zürcher Kantonalbank (ZKB) in einer Mitteilung.

Denn, wer bereits ein Einfamilienhaus besitzt, gibt dieses nicht so schnell wieder auf. Das, auch wenn die Kinder schon lange aus dem Haus sind. Laut ZKB sind über 70 Prozent aller Einfamilienhäuser im Kanton Zürich unterbelegt. Als Unterbelegung gilt, wenn die Zimmerzahl grösser ist als die Anzahl Personen plus 1. In jedem siebten Einfamilienhaus wohnt sogar nur eine einzelne Person. Die Mehrheit davon sind Seniorinnen und Senioren.

Am meisten kommt dies an den Gemeinden an der Zürcher Goldküste vor. Spitzenreiter ist mit 83.1 Prozent Unterbelegung die Gemeinde Erlenbach. Dicht gefolgt von Zollikon, Zumikon, Küsnacht und Herrliberg.

Dass das Vermögen bei der Unterbelegung eine Rolle spielt, bestätigt die ZKB. Ein wichtiger Faktor sei aber auch, dass am eigenen Haus festgehalten werde, obwohl es nicht mehr der aktuellen Lebenssituation entspreche. Besetzen Ältere also den in der Wohnungsnot dringend benötigten Wohnraum?

Älteren Personen fällt Wechsel der Lebenssituation schwer

«Es ist nicht zielführend, Seniorinnen und Senioren unter Druck zu setzen, aus ihren Häusern ausziehen zu müssen», sagt die Fachverantwortliche von Pro Senecute Schweiz, Sonya Kuchen. Sie seien in der Regel in ihrer gewohnten Umgebung sehr gut verankert und sozial integriert.

«Mit zunehmendem Alter wird ein Wechsel der Wohnsituation immer schwieriger», so Kuchen. Es sei für viele Seniorinnen und Senioren eine grosse Herausforderung, aus einem gewohnten sozialen Umfeld herausgerissen zu werden und zudem fehle es bei ihnen oftmals auch an passendem und finanzierbarem Wohnraum.

Es handelt sich laut Kuchen auch um eine Generationenfrage: «Für sie war es ein wichtiges Lebensziel, im eigenen Haus zu wohnen.»

Verkauf mit Übergangsfrist

Dabei sind die Hausbesitzer aufgrund der derzeit hohen Nachfrage im Vorteil. Ursina Kubli, Leiterin Immobilienresearch sagt: «Sie sitzen im ganzen Kanton am längeren Hebel und können die Situation zu ihren Gunsten nutzen, damit der Umzug weniger schwerfällt.»

Für jene, die sich nur schwer von ihrem Wohneigentum trennen können, sieht sie verschiedene Lösungsansätze. So könne man zum Beispiel mit dem Käufer vereinbaren, dass die Übergabe der Immobilie erst später stattfindet. Oder wer für den Verkauf noch nicht bereit sei, könne das Haus zunächst vermieten.

Mehrfamilienhäuser ersetzen Einfamilienhäuser

Doch nicht alle Einfamilienhäuser werden nach dem Verkauf weiter bewohnt. Zunehmend werden sie abgerissen und durch Mehrfamilienhäuser ersetzt. Seit 2016 wurden im Kanton Zürich laut ZKB zwischen 300 und 400 Einfamilienhäuser abgerissen. So verschwanden etwa in der Stadt Zürich seit 2016 mehr als 5 Prozent des ursprünglichen Bestandes an frei stehenden Einfamilienhäusern – Tendenz steigend. 2022 dürften die jährlichen Abrisse von Einfamilienhäusern erstmals deren Neubauten übersteigen.

Schweiz Aktuell, 05.04.2022, 19:00 Uhr

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