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Wolf im Visier Wolf in der Schweiz: Wann ist Schiessen erlaubt?

Ein junges, unauffälliges Wölfchen oder ein erwachsener Wolf, der drei Schafe reisst: Welches Tier darf geschossen werden? Antworten geben vier interaktive Fallbeispiele.

In der Schweiz leben aktuell etwa 300 Wölfe in rund 35 Rudeln (Stand: September 2025). Das Grossraubtier ist geschützt, gleichwohl wurden in den letzten knapp zwei Jahren rund 150 Tiere erlegt – die Abschüsse erfolgten legal im Rahmen der bewilligten «Regulierung», wie es im Behördenjargon heisst.

Die Zahl der gerissenen Nutztiere – vor allem Schafe – sank in der Folge von fast 1800 (2022) auf rund 1000 (2024). Ob ein Wolf Schaden angerichtet hat, ist aber nicht das wichtigste Kriterium für die «Schiesserlaubnis». Erlegt werden dürfen auch unauffällige Tiere, solange das detaillierte Bewilligungsreglement eingehalten wird.

Fallbeispiel 1: Unauffälliger Jungwolf

Schiessen oder nicht schiessen? Lernen Sie erste Grundregeln des Wolfsmanagements kennen!

Im Winter 2024/2025 hat das Bundesamt für Umwelt (Bafu) für die jeweils vom 1. September bis 31. Januar dauernde Jagdsaison den Abschuss von 125 Wölfen bewilligt. Der Abschuss wurde von den Kantonen beantragt. Die Bilanz im Frühling: 92 Tiere wurden erlegt, allesamt präventiv. Keines der Tiere hatte nachweislich Schaden angerichtet, was zu reaktiven Abschüssen geführt hätte.

In jeder Jagdsaison ereignen sich auch Fehlabschüsse, die dem Bundesamt bekannt sind: 2024/2025 wurden etwa zwei Elterntiere erlegt, deren Abschuss nicht vorgängig bewilligt war.

Wichtig zu wissen: Wenn beim Abschuss eines ganzen Wolfsrudels in einem festgelegten Gebiet ein Tier erlegt wird, bei dem sich bei der genetischen Analyse nachträglich zeigt, dass es gar nicht zum Rudel gehört hat, gilt dies nicht als Fehlabschuss. Das Bafu begründet dies damit, dass in freier Wildbahn nicht erkennbar ist, ob ein Wolf einem bestimmten Rudel angehört oder nicht. 

Wilderei ist ein Straftatbestand und in der Schweiz immer wieder ein Thema. Der erste bekannte illegale Abschuss eines Wolfs ereignete sich 2014. Recherchen der SRF Rundschau von 2023 zeigen, dass mehr als jeder siebte aller tot aufgefundenen Wölfe gewildert wurde. 

Kriterien für das Erlegen eines Wolfes

Die Regulierungsregeln sind ausserordentlich detailliert, vielfältig und voller Ausnahmen. Vereinfacht geht es letztlich aber immer um diese vier Kriterien, ob ein Tier oder Rudel erlegt werden darf:

Fallbeispiel 2: Ein ganzes Rudel erlegen?

Ein Einzeltier darf unter bestimmten Voraussetzungen erlegt werden. Gilt das auch für ein ganzes Rudel?

Das gilt als «unerwünschtes Verhalten» von Wölfen:

  • Wenn sie wiederholt Herdenschutzmassnahmen überwinden und Nutztiere reissen.
  • Wenn sie Tiere der Rinder- oder Pferdegattung angreifen und dabei töten oder schwer verletzen.
  • Wenn sie auf Hofarealen, in Ställen oder Laufhöfen landwirtschaftliche Nutztiere reissen.
  • Wenn sie sich regelmässig in oder bei Siedlungen aufhalten und dabei gegenüber Menschen zu wenig Scheu zeigen.

Fallbeispiel 3: Erwachsener Wolf reisst drei Tiere

Fünf Schweizer Wolfsregionen und ihr Rudelmindestbestand

Die Jagdverordnung verlangt einen Mindestbestand von zwei bis drei Rudeln in allen fünf Wolfsregionen: Jura (2), Nordostschweiz (2), Zentralschweiz (2), Westschweizer Alpen (3) und Südostschweiz (3).

Ist der Mindestbestand an Rudeln überschritten, so dürfen sämtliche Wölfe eines Rudels erlegt werden, sofern ein unerwünschtes Verhalten des Rudels festgestellt wird und durch diese Massnahme der Mindestbestand der Region nicht unterschritten wird. Auch wenn die Rudel kein unerwünschtes Verhalten zeigen, darf bei einem Rudel die Hälfte aller Jungtiere erlegt werden.

Fallbeispiel 4: Schafbesitzer erlegt Wolf auf frischer Tat

«Wir haben ein gespaltenes Verhältnis zum Wolf»

Christoph Jäggi ist der Abteilungsleiter des Amts für Jagd und Fischerei des Kantons Glarus. Jäggi und sein Team erlegten vor ein paar Monaten im Winter 2025 einen Wolf, der einem vierjährigen Kind auf einem Bauernhof in Elm (GL) zu nahe gekommen war. Im SRF-Podcast «Guter Böser Wolf» schildert die Familie, wie sie die Begegnung mit dem freilebenden Wildtier erlebt hat.

Wenn es um das präventive Erlegen von Wölfen geht, spürt Jäggi sehr oft und sehr direkt Emotionen aus der Bevölkerung: «Wir haben ein sehr gespaltenes Verhältnis zum Wolf. Das macht es sehr schwierig, allen gerecht zu werden. Und mit 'allen' meine ich auch den Wolf.»

Legende: Christoph Jäggi Abteilungsleiter Amt für Jagd und Fischerei Kanton Glarus. zvg

SRF: Christoph Jäggi, wie läuft es ab, wenn ein Wolf geschossen werden muss, wenn eine Abschussbewilligung vorliegt? Wie gehen Sie vor?

Zuständig für den Abschuss ist grundsätzlich die Wildhut. Wir erteilen den Auftrag. Seit 2025 haben wir zudem die Möglichkeit, Jägerinnen und Jäger beizuziehen, die einen entsprechenden Kurs absolviert haben. Das ist aber dann eher der Fall, wenn es um Regulation geht und nicht – oder noch nicht – wenn es um den Abschuss einzelner schadenstiftender Tiere oder um sogenannte Problemwölfe geht.

Wie erkennt man das «richtige» Tier?

Von blossem Auge ist das kaum möglich. Wölfe sehen alle gleich aus, vor allem in der Nacht, wenn die Wildhut vorwiegend unterwegs ist. Es gibt verschiedene Fotofallen im Gebiet, die quasi Livebilder von den Tieren senden. Natürlich beobachten wir das Gebiet sehr genau. Kadaver von gerissenen Nutztieren erhöhen die Chancen, das richtige Tier ausfindig zu machen. Oft kommen Wölfe nochmals zurück, um zu fressen.

Wie hoch ist der Aufwand, um einen Wolf gemäss Abschussbewilligung zu erlegen?

Wenn eine Abschussbewilligung vorliegt, gilt diese für einen beschränkten Zeitraum – beispielsweise für zwei Monate. Der Aufwand ist immens, und die Belastung für das Personal sehr gross.

Die Jagdregeln im Detail

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Céline Raval, Dominique Marcel Iten, Roland Specker (Redaktion), Marina Kunz (Design) Balz Rittmeyer (Interaction-Design)

 

SRF 4 News, 25.09.2025, 17 Uhr ; 

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