Nach dem Nein der Schweiz zum Rahmenabkommen möchte der Bundesrat die EU besänftigen. Deshalb plant er, ihr möglichst rasch eine zweite sogenannte «Kohäsionsmilliarde» zu überweisen. Schon in der kommenden Herbstsession sollen National- und Ständerat die etwas über 1.2 Milliarden Franken an ausgewählte EU-Staaten im Dringlichkeitsverfahren freigeben.
Zwar hat das Parlament den Beitrag im Grundsatz schon vor drei Jahren genehmigt. Das Geld bleibt aber blockiert, «solange die EU diskriminierende Massnahmen gegen die Schweiz erlässt», wie es im Beschluss heisst. Das war eine Reaktion auf die Nicht-Anerkennung der Schweizer Börse durch die EU.
Nun will der Bundesrat eine «rasche Deblockierung» der zweiten Kohäsionsmilliarde, wie er der EU versprochen hat. Dies auch, weil die EU eine Beteiligung der Schweiz am neuen Forschungsrahmenprogramm «Horizon Europe» von einer solchen Zahlung abhängig macht.
Doch das zuständige fünfköpfige Büro des Ständerats mag bei dieser Hauruckübung nicht mitmachen. Bereits im Juni hat es sich gegen ein dringliches Verfahren ausgesprochen. Bekannt wurde das allerdings erst jetzt.
Wir lassen uns im Ständerat nicht drängen.
«Wir lassen diese Vorlage nicht im Eiltempo in der gleichen Session durch beide Kammern bestätigen», so Ständeratspräsident Alex Kuprecht gegenüber SRF. Stattdessen soll das Geschäft in der Herbstsession einzig vom Nationalrat beraten werden. «Wir lassen uns im Ständerat nicht drängen», begründet der SVP-Ständerat den Entscheid.
Das Schweizer Parlament sei ein Zweikammersystem, argumentiert Kuprecht weiter. Gemeint ist, dass Vorlagen in der Regel pro Session nur in einer Kammer behandelt werden und erst an der darauffolgenden Session in der nächsten. Dieses Vorgehen sei «Teil der seriösen Gesetzgebung». Bei einer so wesentlichen Frage brauche es eine fundierte Diskussion.
Bundesrat ist nicht erfreut
Beim Bundesrat ist der Entscheid, das Geschäft nicht dringlich zu behandeln, offenbar nicht gut angekommen. Er habe ein entsprechendes Telefonat erhalten, so Kuprecht. Auch Forschenden-Organisationen hätten sich bei ihm gemeldet.
Er habe dem Anrufer zwar mitgeteilt, dass man die Frage in einer nächsten Bürositzung noch einmal diskutiere, wahrscheinlich Ende August, sagt Kuprecht. Allerdings gehe er nicht davon aus, dass man dabei die Meinung noch ändere.
Schliesslich habe die EU die Schweiz seither noch in weiteren Bereichen diskriminiert, etwa bei Medizinalprodukten und in der Forschung. «Das kann Verhärtungen geben im Ständerat.»
Es scheint also, als müsste sich der Bundesrat weiter gedulden, was die zweite Kohäsionsmilliarde angeht. Kuprecht wäre zudem nicht überrascht, wenn der Ständerat ihre Freigabe ablehnen würde, wenn er das Geschäft regulär in der Wintersession behandelt.