Der Umgang mit Staatsverweigerern ist alles andere als einfach. Sie bilden keine einheitliche Gruppe. Zu den Staatsverweigerern zählen Querulanten, die ständig die Arbeit von staatlichen Verwaltungen behindern, aber auch Selbstverwalter, die die staatliche Rechtsordnung gar nicht anerkennen, und rechtsradikale Reichsbürger, die selber territoriale Ansprüche erheben.
Es gibt eine gewisse Gewaltbereitschaft, eine gewisse Waffen-Affinität.
Wie viele Staatsverweigerer es in der Schweiz gibt, ist unklar. Der Zürcher Kriminologe Dirk Baier geht von einer vierstelligen Zahl aus. «Sie sind nicht alle gefährlich in dem Sinne, dass sie sowas tun, wie nun in Pfäffikon passiert ist. Aber es gibt eine gewisse Gewaltbereitschaft, eine gewisse Waffen-Affinität. Daher ist es zwingend geboten, genauer hinzuschauen», sagt Baier.
Generell lässt sich sagen, dass in der Schweiz in den letzten fünf Jahren die Probleme mit Staatsverweigerern zugenommen haben. Namentlich mit der Coronapandemie hat die Zahl der Staatsverweigerer zugenommen. Manche haben sich also offensichtlich radikalisiert in ihrem Widerstand gegen Maskenpflicht, Gesundheitszertifikate und Ladenschliessungen.
Es gibt Gruppierungen, die teilweise Gewalt als Notwehr gegen den Staat propagieren.
Eine einheitliche gewalttätige Ideologie gibt es in den Kreisen der Staatsverweigerer zwar nicht. Trotzdem dürfe man das Phänomen auch nicht auf die leichte Schulter nehmen, mahnt Patrick Jean, Mediensprecher des Bundesamtes für Polizei (Fedpol).
«Es gibt Gruppierungen, die teilweise Gewalt als Notwehr gegen den Staat propagieren. Aufgrund der Austausche, die wir mit den Kantonen haben, ist auch von einer Zunahme von Einschüchterungen und Drohungen oder Sabotageakten gegen Amtspersonen auszugehen», sagt Jean.
Verbreitung über Social Media
Radikale Ideen und Verschwörungstheorien, die die Staatsverweigerer verinnerlichen, werden sehr häufig übers Internet und soziale Medien verbreitet. Man weiss, dass diese Kreise dort sehr aktiv sind. Aber auch direkte und persönliche Kontakte spielen eine Rolle.
Staatsverweigerer, die keine Steuern bezahlen, Gerichtsprozesse stören, Gesundheitsvorschriften ablehnen und sich nicht an raumplanerische Regeln halten – für die Behörden sind sie ein ernsthaftes Problem. Denn Leute mit einem solchen Weltbild seien mit rationalen Argumenten meistens nicht zu erreichen, hält Kriminologe Baier fest.
«Dieses Weltbild unterscheidet dann – das ist für Verschwörungstheorien eigen – sehr klar zwischen Freund und Feind. Und wenn man einmal dieses Schwarz-Weiss-Denken hat, ist es schwierig, da rauszukommen», erklärt Baier.
Einige Staatsverweigerer lenken ein, wenn die staatlichen Behörden durchgreifen und den Lohn, Gegenstände oder das Grundstück der Betroffenen pfänden.
Bei anderen nützt auch das nichts oder sie lassen die Situation sogar noch weiter eskalieren, wie es jetzt offenbar im Kanton Zürich mit dem Entführungsversuch passiert ist.
Vorstoss im Parlament hängig
Tatsache ist, dass das Thema auch die Politik beschäftigt. So verlangt der Kanton Zürich, dass der Nachrichtendienst des Bundes die Staatsverweigererszene gezielt beobachtet.
Im Parlament in Bern ist ein Vorstoss von SP-Nationalrätin Nina Schläfli hängig, der vom Bund einen umfassenden Lagebericht über die Staatsverweigerer verlangt.
Auf dieser Grundlage soll dann entschieden werden, ob es zusätzliche Gesetze braucht, um mit dieser radikalisierten Szene umzugehen und Behördenvertreter besser zu schützen.