Es ist ein grosses, ein besonderes Werk, das sich das Berner Kunstmuseum gekauft hat. Es heisst «In the World But Don't Know the World» und es stammt vom Ghanaer Künstler El Anatsui. Es ist eine seiner bekannten «bottle-cap-Arbeiten» – diese Werke werden aus gefundenen Schraubverschlüssen von Spirituosenflaschen hergestellt.
Das Kunstwerk ist 5.6 Meter hoch und 10 Meter breit. Gigantisch. Und gigantisch ist auch der Preis: Das Stück ist auf dem Markt so viel wert, dass es sich das Kunstmuseum Bern eigentlich nicht leisten kann. Jedenfalls nicht allein.
Erstmals kauft sich das Kunstmuseum Bern ein Kunstwerk zusammen mit einem anderen Museum, dem Stedelijk Museum aus Amsterdam.
Moitié-moitié?
Es funktioniert so: Das eine Museum stellt das Kunstwerk drei Jahre lang aus. Danach das andere, ebenso lange. «Wir wollten unbedingt ein Werk dieses wichtigen Künstlers erwerben», sagt Nina Zimmer, Museumsdirektorin in Bern. «Allein hätte es keines der beiden Museen geschafft.» Zusammen aber klappte es.
Es ist ein höherer Betrag.
Wie bei Kunst üblich, gibt es auch die Möglichkeit, das Werk einem Dritt-Museum auszuleihen. Nur, wer entscheidet in diesem Fall? Das Berner oder das Amsterdamer Museum? Und wer entscheidet über allfällige Restaurierungen? Für solche Fragen habe es viele Absprachen gebraucht, sagt Nina Zimmer.
«Wir haben aber entschieden, dass wir diesen aufwändigen Weg für dieses Kunstwerk gerne gehen.» Es gibt jetzt einen Vertrag, der alles Denkbare regelt. Und das letzte Wort hat jeweils das Museum, welches das Werk gerade ausstellt.
Sharing economy in der Kunst
Kunstwerke teilen, wie man heute Autos oder Büroräume teilt? Ist das die Zukunft? «Ich könnte mir vorstellen, dass Museen sich bei herausragenden, sonst unerreichbaren Werken künftig öfter solche Formen überlegen», sagt Nina Zimmer. Der Normalfall werde das wohl nicht, aber eine Inspiration.
Wäre es auch möglich, dass zehn Museen zusammen ein Kunstwerk kaufen? «Da treiben Sie mir jetzt Schweissperlen auf die Stirn», lacht Nina Zimmer. Drei sei denkbar, aber mehr sei schwierig. «Das wird dann doch etwas komplex.»
Wer kann sich das überhaupt leisten?
Das Werk des Ghanaers El Anatsui wäre auf dem freien Markt noch viel teurer gewesen, als was die beiden Museen dafür bezahlt haben. Ihnen kam entgegen, dass das Werk einer Schweizer Privatsammlung gehörte und Kunstmäzen Uli Sigg den Museen einen guten Preis gemacht hat.
Auf dem freien Kunstmarkt zu freien Kunstmarktpreisen hätten wir nicht nicht einmal darüber nachdenken dürfen, das Werk zu erwerben.
Wie viel das Werk kostete, sagt Nina Zimmer nicht. Nur soviel: «Es ist ein höherer Betrag.»
Heutzutage werden Werke von bekannten zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern gut und gerne für mehrere Hunderttausend oder auch mehrere Millionen Franken gehandelt.
Reiche Menschen investieren in zeitgenössische Kunst, weil sie sie privat besitzen möchten – oder weil sie darauf spekulieren, dass der Marktwert steigt. Und dass sie die Werke später zu einem höheren Preis verkaufen können.
Die Folge: Die Preise zeitgenössischer Kunst wurden in den letzten zwanzig Jahren massiv in die Höhe getrieben. Da können Museen kaum mehr mithalten.