Es ziehen wieder mehr Menschen ins Tessin – im letzten Jahr waren es mehr als 3000 Personen, die neu Wohnsitz im Südkanton nahmen. Die allermeisten von ihnen sind Italienerinnen und Italiener.
Es sollen nicht diejenigen Menschen kommen, die es auf unsere Sozialwerke abgesehen haben.
Das sei einerseits ein positives Zeichen, sagt Daniele Caverzasio, Sprecher der Rechtsbewegung Lega dei Ticinesi. Es zeige, dass das Tessin attraktiv sei. «Andererseits sollen nicht diejenigen Menschen kommen, die es auf unsere Sozialwerke abgesehen haben.»
Überalterter Südkanton
Anders klingt es bei Piero Marchesi. Für den Tessiner SVP-Präsidenten ist der jahrelange Schrumpfkurs seines Kantons kein Problem. «Es gibt kein Gesetz, das vorschreibt, dass die Bevölkerung wachsen muss», sagt er.
Das führt zu einer Überalterung. Und das ist das Problem.
Das wahre Problem sei, dass die jungen Tessiner abwandern und andernorts Familien gründen – vor allem, weil sie im Tessin keine Arbeit fänden. «Das führt zu einer Überalterung. Und das ist das Problem.»
Schuld an dieser Misere ist laut dem SVP-Präsidenten die Personenfreizügigkeit. Sie sei dafür verantwortlich, dass die jungen Italiener den jungen Tessinern die Jobs wegnähmen.
Tatsache ist: Es gibt tatsächlich junge Tessinerinnen, die ihre Heimat verlassen. Gleichzeitig gibt es sehr viele Rentnerinnen und Rentner.
Niedrige Geburtenrate
Die Südschweiz ist rekordmässig überaltert. Dazu gesellt sich eine rekordniedrige Geburtenrate. Dass die neu zugezogenen Italienerinnen und Italiener den Schrumpfprozess bremsen, beruhige sie darum nur mässig, sagt SP-Vizepräsidentin Laura Riget.
Die Überalterung bedeutet auch hohe Gesundheitskosten.
«Die Überalterung bedeutet auch hohe Gesundheitskosten», betont Riget. Deshalb werde diese Bevölkerungsentwicklung das Tessin noch lange beschäftigen.
Das betont auch FDP-Präsident Alessandro Speziali. Er folgert: «Die Südschweiz muss attraktiv sein für junge Familien, gleichzeitig muss das Tessin Firmen anlocken und in die Bildung investieren.»
Mehr Arbeitsplätze auch für Mütter
Für Mitte-Chef Fiorenzo Dado ist klar: «Wir brauchen mehr Krippenplätze und bessere Jobangebote für junge Mütter.» Das gehe nur mit Anreizen, denn freiwillig würden das Firmen nicht machen.
Wir brauchen mehr Krippenplätze und bessere Jobangebote für junge Mütter.
Die demografische Entwicklung ist eine riesige Herausforderung für das Tessin, auch mental: denn die Migration aus Italien wurde jahrelang parteipolitisch instrumentalisiert.
Die Parteienbefragung zeigt aber: Der Schrumpfkurs der letzten Jahre hat eine Phase der Selbstreflexion eingeleitet. Von konkretem und realistischem politischem Tatendrang ist bisher aber noch wenig zu spüren.