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Zweiter Gebühren-TV-Sender Eine nationale Konkurrenz zu SRF? Darum geht es

Worum geht es? Statt Gebührengelder für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu kürzen, wie das die SVP mit der 200-Franken-Initiative möchte, spricht sich Mitte-Präsident Gerhard Pfister für einen zweiten nationalen Anbieter aus. Der TV-Sender soll im Informationsbereich als Alternative zu SRF fungieren. Der Bundesrat soll dafür eine zweite nationale Konzession ausschreiben. Private könnten sich darauf bewerben. Das neue Angebot dürfte ausschliesslich Information umfassen und in Deutsch, Französisch und Italienisch verfügbar sein. 150 Millionen Franken aus dem Gebührentopf sollen laut Schätzung dafür aufgewendet werden.

Ein zweiter Sender als Gegenvorschlag zur 200-Franken-Initiative? Kommt die 200-Franken-Initiativen zustande, könnte Pfisters Plan einst als Gegenvorschlag dem Parlament unterbreitet werden. «Das ist keine Alternative zur 200-Franken-Initiative», sagt dazu aber SVP-Nationalrat Thomas Matter.

SRG 2.0 braucht es in unserem Land nicht.
Autor: Thomas Matter SVP-Nationalrat

Ihr Ziel seien weniger Gebühren – er sehe in Pfisters Ansinnen keinen Gegenvorschlag. «SRG 2.0 braucht es in unserem Land nicht.» Es komme darauf an, wer den Sender betreiben würde, hält Mitte-Nationalrätin Marianne Binder-Keller dagegen: «Es müssen ja nicht dieselben Medienschaffenden sein.» Wichtig sei ein festgelegtes Service-Public-Angebot.

Warum braucht es einen zweiten Informationssender? Laut Pfister wäre das ein wertvoller Beitrag zu einer vielfältigen Berichterstattung in der Schweiz. Als Beispiel dienen die beiden deutschen öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF, die unterschiedliche Informationssendungen anbieten.

Das hätte man vor 25 Jahren bereits tun sollen.
Autor: Roger Schawinski Medienunternehmer und ehemaliger TV-Senderbetreiber

«Es geht nicht nur um Konkurrenz, sondern um eine Bereicherung», meint auch Parteikollegin Marianne Binder-Keller (Mitte). «Das Angebot wäre somit auch politisch breiter.» Ginge es nach ihr, könnte man das Angebot gar auf den kulturellen Bereich ausweiten.

Auf dem Laptop läuft die Tagesschau
Legende: Fernsehen und Face-to-face vermittelte Information werden laut Mitte-Nationalrätin Marianne Binder-Keller weiterhin eine wichtige Rolle spielen – egal, ob mittels Laptop konsumiert oder auf dem grossen Screen. Keystone / Christian Beutler

Auch Medienexperte Roger Schawinski findet Pfisters Ansatz grundsätzlich gut: «Das hätte man vor 25 Jahren bereits tun sollen – statt das Geld an viele und kleine regionale TV-Sender zu verfüttern.» Die SRG habe ihr bestes Programm geliefert, als dazumal «Tele24» auf nationaler Ebene für Informationskonkurrenz gesorgt habe.

Was sind mögliche Nachteile? Laut SP-Nationalrat Jon Pult muss man die Idee erst prüfen. Aktuell sei es aber dringender, Finanzierungsmöglichkeiten für die unter prekären Verhältnissen wirtschaftenden privaten Medien zu finden. «Es ist im Moment nicht die richtige Priorität in der Medienpolitik.» Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauche man nicht zu sehr einzugreifen: «Dieser Teil der medialen Berichterstattung funktioniert.»

Würden 150 Millionen Franken ausreichen?

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Das sei durchaus ein realistischer Betrag, meint Roger Elsener von CH-Media. «Wir sind kein Unternehmen für Schnellschüsse. Wir glauben, dass das ein substanzieller Betrag ist, mit dem sich guter Service Public machen lässt.» Man müsse aber erst noch die Details genauer prüfen.

Das Budget würde reichen, sagt auch Medienexperte Roger Schawinski: «Bereits für 100 Millionen Franken könnte man das hinbekommen.» Aber mit Werbung alleine könne man dies nicht schaffen. Das zeigten auch die Beispiele der gescheiterten bisherigen TV-Sender in der Schweiz.

TV-Nutzungszahlen sinken stetig. Wie sinnvoll ist ein zweiter TV-Sender? Fernsehen sei kein altmodisches Medium, sagt Schawinski: «Alle, die das Ende des Fernsehens ausrufen, haben auch das Ende der Bücher und des Filmes ausgerufen.» Auch Marianne Binder-Keller misst dem TV einen zeitlosen Wert bei: «Für die Identität eines Landes ist eben auch der analoge Medienkonsum wichtig.»

Gäbe es interessierte private Medienunternehmen? «Es ist grundsätzlich eine interessante Idee. Wir würden das auf jeden Fall sehr genau prüfen», sagt Roger Elsener, Leiter CH Media Entertainment. «Das hätte wahrscheinlich zur Folge, dass wir uns bewerben würden.» 

Es gäbe viele Mitstreiter für eine solche zweite Konzession, ist auch Schawinski überzeugt. «Selbst mich könnte es nochmals aus der Reserve locken, doch noch eine nationale Informationskonkurrenz zur SRG in der Schweiz zu schaffen.»

Gescheiterte nationale TV-Sender in der Schweiz

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TV3:

Wie lange hat TV3 gesendet? Von September 1999 bis Dezember 2001. TV3 sah sich als Ergänzung zum Informations- und Unterhaltungsangebot der SRG. Das Programm wurde jedoch kurz nach Sendestart rasch sehr stark unterhaltungsorientiert (u.a. Realityshows wie Big Brother) ausgerichtet.

Was war das Problem? SBS Broadcasting hatte sich Anfang 2001 zurückgezogen. Tamedia AG beschloss im November 2001 ebenfalls, die Zahlungen an TV3 einzustellen. In einer Mitteilung begründete Tamedia damals den Entscheid zur Schliessung mit wirtschaftlichen Motiven. Die schlechte konjunkturelle Lage und die besondere Situation in der Schweiz, in der private Sender benachteiligt würden, hätten eine Lösung verhindert.

Tele24:

Wie lange hat Tele24 gesendet? Von Oktober 1998 bis November 2001. Tele24 war ein nationaler Fernsehsender von Roger Schawinski. Es bot ein newsorientiertes sprachregionales Programm mit vielen Talksendungen.

Warum war Schluss? Die Tamedia akquirierte für 92 Millionen Franken die Belcom Holding AG, TeleZüri AG, Radio24 und die Takeoff-Communications AG. Mit der Übernahme wurde der Betrieb von Tele24 auf November 2001 eingestellt. Schawinski meint: «Tele24 war wohl etwas zu gross angesetzt». Es sei rückblickend nicht ganz einfach gewesen, vier bis fünf Mal pro Woche eine Talksendung zu haben und 200 Mitarbeiter zu führen.

Zudem gab es diverse Schweizer Werbefenster in ausländischen Programmen oder Spartensender (VivaSwizz, Star TV, Joiz).

10vor10, 15.12.2022, 21:50 Uhr

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